glücksspiel : Staatliche Doppelmoral
Als NRW-Finanzminister Helmut Linssen unlängst in Münster bei der Jubiläumsfeier 50 Jahre Westlotto sprach, verteidigte er das staatliche Glücksspielmonopol auch mit moralischen Argumenten. Mit Blick auf die Suchtgefahr bei Glücksspielen sagte der Christdemokrat: „Kanalisierung und die Begrenzung des Spieltriebes sind und bleiben die vornehmlichen Ziele des Staates und bilden die Grundlage für dessen Eingreifen in das Geschehen auf dem Glücksspielmarkt.“ So weit die Theorie. In der Praxis – das aktuelle BGH-Urteil gegen die vom Land NRW kontrollierte WestSpiel ist nur ein Beispiel – scheint den staatsnahen Casinos der Ertrag wichtiger zu sein als das Schicksal von Suchtkranken.
KOMMENTAR VONMARTIN TEIGELER
Die staatliche Doppelmoral gehorcht politischer Not: Weil der arme Staat von den Spielcasino-Umsätzen profitiert, scheuen die Finanzminister schärfere Regeln für die Spielbanken. Zugleich halten die Kassenwärte eisern am Glücksspielmonopol – vor allem mit Blick auf den neuen Boomsektor Sportwetten – fest.
Zum wirtschaftsliberalen Erneuerungsanspruch der schwarz-gelben Landesregierung passt diese paternalistische Hilfs-Ideologie nicht. Aber vielleicht benötigen CDU und FDP das demnächst fällige Wettmonopol-Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts, um von dem „in fünfzig Jahren gewachsenen, ordnungsrechtlich geprägten System des Glücksspielwesens in der Bundesrepublik“ (Linssen) Abschied zu nehmen.