geht’s noch?: Dating-Show fürs Handwerk
HandwerksmeisterInnen sollen künftig „Bachelor Professionals“ heißen, um die Attraktivität einer Lehre im Handwerk für junge Menschen zu steigern. Unverhoffter Beistand kommt von RTL
Der Witz entstand in der New Economy, und er ging so: Diese Deutschen, wie doof sie doch sind! Man braucht ihnen nur einen amerikanischen Titel zu geben, und schon denken sie, sie sind aufgestiegen. Auch wenn es nicht mehr Gehalt gibt, harharhar! „Vice President“ prangte auf den Visitenkarten mittelmäßiger Manager der mittleren Führungsebene in DAX-Unternehmen. Die Firmen sparten durch USA-Hörigkeit und Eitelkeit eine Menge an Personalkosten. Einige DAX-Unternehmen stürzten dann ab.
Nun schlägt sich das Handwerk mit Titeln amerikanischen Ursprungs herum. Der Titel „Meister“ soll bleiben, aber ergänzt werden durch den Titel „Bachelor Professional“, so sieht es das neue Berufsbildungsgesetz vor. Laut Gesetz soll damit eine berufliche Ausbildung bis zum Meister als „gleichwertig“ dokumentiert werden mit dem ersten Universitätsabschluss, der ja auch ein „Bachelor“ ist.
„Bachelor Professional“ heißt wörtlich übersetzt „professioneller Junggeselle“. Um das zu verstehen, muss man nur RTL gucken. In der TV-Show „Der Bachelor“ suchen attraktive Junggesellen über Wochen hinweg eine Frau. Natürlich könnte man jetzt über sprachliche Logik diskutieren, zum Beispiel, ob es geschickt ist, gestandene Handwerksmeister mit einem Titel zu versehen, der irgendwie das Wort „Geselle“ mit sich führt. Denn den Gesellenbrief, Himmel, den macht ein Meister ja zwei, drei Jahre vor dem Meistertitel. Aber Schwamm drüber über solche Kleinigkeiten.
Berufsbildungsexperten haben beklagt, dass das Handwerk kein Gewinner, sondern ein Loser-Image hat bei vielen jungen Leuten und dass das auch in Hinblick auf die Partnerwahl eine Rolle spielt, schließlich will man das Gegenüber beeindrucken.
Das schlechte Image ist übrigens völlig unberechtigt, denn mit 18 Jahren für eine Ausbildungsvergütung von ein paar hundert Euro im Monat jeden Morgen früh aufzustehen und für die nächsten Jahre gute Laune zu bewahren im Kundenkontakt, das muss man erst mal schaffen.
Doch Imagekorrektur naht. Die Bachelors im Fernsehen haben die Auswahl unter einem Haufen Kandidatinnen, und es gibt sogar eine Show mit einer „Bachelorette“ und tollen Jungs.
Die „Bachelorette Professional“ gehört noch ins Gesetz. Dann klappt es auch mit den Frauen im Handwerk. Und dann müsste man noch die Arbeitsbedingungen und Löhne im Handwerk ein bisschen verbessern.
Barbara Dribbusch
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