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Archiv-Artikel

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Von MIKAS

Die Faustformel für Herstellungskosten in der Möbelbranche lautet: maximal 20 Prozent des Endpreises bei den üblichen Verdienstspannen des Handels. Kaum hochwertig und gleichzeitig erschwinglich können deshalb komplexe Möbel sein, die aufwändige Verbindungen, viel Raum beim Transport oder langfristig zu amortisierende Maschinen erfordern. Dem vorliegenden Buch zufolge können C_Möbel und CNC einen Ausweg aus diesem Dilemma weisen.

C_Möbel? CNC? Um den Ausführungen der Designkritikerin Dagmar Steffen folgen zu können, empfiehlt sich zunächst der Blick in das Glossar. C_Möbel sind „im Hinblick auf die Bedingungen der computergesteuerten Werkzeuge herstellungsgerecht entworfen und mit CNC-Technologie gefertigt.“ CNC wiederum steht für „Computerized Numerical Controlled“, wohinter sich „computergestützte Steuerung von Fertigungs- bzw. Werkzeugmaschinen“ verbirgt.

So werden etwa homogene Materialien wie Birkensperrholz oder Polyethanschaumstoff über computergesteuerte Fräsen zu perfekten Formstücken verarbeitet, Blechplatten per Mausklick mit Laserstrahl perforiert, in mehrschichtige Platten ohne einen Handgriff exakt in die Tiefe bemessene Nuten eingeschnitten, die eingeklappt äußerlich unversehrte Rundungen ergeben. Eine solch hochwertige Verarbeitung rückt auch handwerkliche Verbindungen wie Verzapfen oder Verzahnen wieder in den Bereich des Möglichen. Auf diese und weitere Optionen, die Steffen in dem Kapitel „CNC-gerechtes Möbeldesign“ anschaulich beschreibt, können Designer ohne Konsultation firmeneigener Versuchslaboratorien zurückgreifen.

Im Herstellungsprozess haben Designer den direkten Draht zu einschlägig versierten Produzenten, die wiederum möglichst in räumlicher Nähe zum Verbraucher dessen Vorgaben für das Produkt innerhalb eines vom Werkzeug vorgegebenen Rahmens entsprechen können. Dass der Designer das Marketing selbst in der Hand hat und in Zeiten des E-Commerce die Funktion des Handels übernehmen kann, kann sich finanziell günstig auswirken.

Der allgegenwärtige Begriff in dem Buch heißt freilich „Customization“. Am Beispiel rechnergesteuert gefräster Ornamente zeigt der Designer Jochen Gros überzeugend die Variantenvielfalt individueller Zeichensprachen auf, die an den populären Hang zu Tätowierungen anknüpfen könnte. „Im Idealfall“, so die Hoffnung von Gros, „lenkt die Art Customization von der elenden Aufgabe ab, unsere ohnehin schon höchst praktischen Dinge über ihren Grenzwertnutzen hinaus immer praktischer und praktischer und pseudopraktischer zu gestalten.“ MIKAS

Dagmar Steffen: C_MOEBEL. Digitale Machart und gestalterische Eigenart. 233 Seiten, zahlr. Illustr., Anabas Verlag, Frankfurt a. M. 2003, 29,50 €