freispruch für polizisten : Bedenkliche Zweifel
Im Zweifel für den Angeklagten. Diesen juristischen Leitspruch sollte niemand in Frage stellen. Er gilt auch für die fünf Polizisten, die sich vor Gericht für die brutale Zurichtung eines harmlosen Demonstranten verantworten müssen. Wenn die Staatsanwaltschaft nun auf Freispruch plädiert, so ist ihr wegen dieser Beurteilung kein Vorwurf zu machen. Bedenklich ist nur, dass es den Zweifel überhaupt gibt.
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Denn der Staatsanwalt stellt keineswegs den Vorfall an sich in Frage. Dieser lässt sich nur nicht mehr im Detail rekonstruieren. Einzelne Taten sind den Verdächtigen nicht mehr zuzuordnen. Das aber ist ein Skandal.
Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte bei seinem Amtsantritt versprochen, seine Beamten würden künftig mit offenem Visier antreten. Vorwürfen gegen Beamte werde konsequent nachgegangen. Das ist zwar eine Selbstverständlichkeit, aber für einen Polizeipräsidenten immer noch ein großer Schritt. Allein was nützt das alles, wenn sich die wenigen prügelnden Beamten weiter hinter Korpsgeist und Uniform verstecken können? Und wenn sich die Ermittlungen hinziehen, bis die Erinnerung der Zeugen verblasst ist? Solange sich die Polizei erfolgreich gegen eine Pflicht zur individuellen Kennzeichnung wehrt, bleiben die Versprechen ihres Präsidenten hohle Phrasen.
Von Seiten der Politik ist – trotz einer rot-roten Landesregierung – leider kein mutiges Einschreiten zu erwarten. Die einzige Hoffnung auf bessere Aufklärung bietet derzeit der technische Fortschritt. Erst wenn nahezu jeder Demonstrationsteilnehmer mit digitalen Kameras ausgestattet ist und illegale Prügel von allen Seiten gefilmt werden, lassen sich vielleicht die Zweifel gegen angeklagte Polizisten beheben. Das ist ohne Zweifel ein Armutszeugnis.