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flughafenNot in my backyard

Die Soziologie hat einen schönen Namen für solche Bürgerinitiativen (BIs) gefunden: „Nimby-Gruppen“ – aus dem Englischen nach „Not in my backyard“. Es sind Betroffenenvereinigungen, die nach dem Prinzip vorgehen: „Sankt Florian, verschon mein Haus, brenn lieber das des Nachbarn aus!“ Wenn an einem Wochenende die eine Initiative – die BVBB – mehrere tausend Demonstranten am Brandenburger Tor gegen den Ausbau des Flughafens Schönefeld versammeln kann, am nächsten Tag eine andere gegen den Flughafen Tegel die Verlegung des dortigen Flugverkehrs nach Schönefeld fordert, ist man versucht, zu rufen: „Nimby lebt!“

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Denn natürlich sind beide Gruppen nicht gegen den Flugverkehr an sich: Auch die BVBB kann sich mit Fluglärm abfinden – wenn er nur weit weg ist: Sie fordert, den in Schönefeld geplanten Großflughafen lieber bei Stendal oder Sperenberg zu bauen. Vielleicht wäre es da mal ganz lehrreich, die BIs zu bitten, dass sie in diesen Orten nachfragen, was man dort von ihren tollen Ideen hält.

Der Protest der BIs stößt auch deshalb so unangenehm auf, weil er sich einer Endzeit-Rhetorik bedient, die ihren hysterischen Ursprung nicht verleugnen kann: „Menschenvernichtend“ sei der Ausbau von Schönefeld, „Katastrophen“ unken beide BIs herbei.

Dabei ist es mit Sicherheit zigmal gefährlicher, am Straßenverkehr in Berlin teilzunehmen. Wer trotzdem vor lauter Angst vor dem großen Absturz nicht schlafen kann, dem sei die Frage gestellt: Wie wäre es mit einem Umzug aufs Land – nach Sperenberg etwa? Vielleicht kann man da ja auch eine BI gründen.

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