flierls kandidatensuche : Eine Grenze ist überschritten
Kultursenator Flierl hat gegen viele Widerstände die Opernstiftung durchgeboxt. Deren Direktor bestimmt nun ein hochkarätig besetzter Stiftungsrat. Flierl hat einen Favoriten, der die Stiftung leiten soll. Das ist in Ordnung, denn Politiker mit eigener Position sind gefragt. Aber darf der Senator, um seinen Willen durchzusetzen, den ihm missliebigen Kandidaten von Journalisten ausspionieren lassen?
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Wir leben in einer Mediengesellschaft. Gerade in Berlin mit seiner Fülle von konkurrierenden Zeitungen sind Informationen eine Ware, mit der gehandelt wird. Man trifft sich in diskreten Hintergrundkreisen. Senatsmitglieder lassen sich von Journalisten bei der Auswahl ihrer Pressesprecher beraten. Interne Papiere werden weitergereicht. Politiker versuchen mit gezielten Tipps eine positive Berichterstattung zu erreichen. Journalisten suchen stets nach der exklusiven Story. Das Spiel heißt: Geben und Nehmen. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Nur so werden Missstände aufgedeckt.
Daher ist es kompletter Unsinn, Flierl nun wegen seiner Zusammenarbeit mit einem Tagesspiegel-Redakteur Stasi-Methoden vorzuwerfen. Bei einem Senator mit West-Biografie wäre niemand auf diese desavouierende Metapher gekommen.
Dennoch haben Flierl und der Tagesspiegel eine Grenze überschritten. Denn es ging offenbar weniger um eine kritische Berichterstattung als um die gezielte Beschaffung von Informationen – exklusiv für den Senator. Auch wenn Flierl mit Sicherheit nicht der einzige Politiker ist, der sich solcher Methoden bedient, darf er sich nicht beklagen, dass nur er dabei erwischt wurde. Er hat vielmehr zu verantworten, dass die leider immer noch umstrittene Opernstiftung nun mit dem hässlichen Odeur der Mauschelei behaftet ist.