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Archiv-Artikel

erzbischof tutu im tutu von RALF SOTSCHECK

Der Ire ist ein offenes Buch. Jedenfalls seit vergangenem Montag, als „That’s Ireland: A Miscellany“ von Damien Corless und Michael Nugent erschien. Das Buch ist eine Art Lexikon für bizarre und skurrile Fakten rund um die Grüne Insel. Bei der Lektüre wird man das Gefühl nicht los, dass die meisten Iren einen Knall haben.

Politiker zum Beispiel. Premierminister Bertie Ahern behauptete einmal: „Zyniker verweisen auf die Vergangenheit, aber wir leben in der Zukunft.“ Die findet hoffentlich ohne ihn statt. Einmal machte er mit einem Schlag die Kampagne gegen Alkohol am Steuer zunichte: „Ich kann eine ganze Menge großer Biere trinken und danach noch Auto fahren“, sagte er zur besten Sendezeit in die Kamera.

Früher waren die Politiker auch nicht besser. So protestierte ein Abgeordneter, als Irland 1923 die Sommerzeit einführte, weil „Bauern die offizielle Zeit sowieso ignorieren, außer sie müssen einen Bus kriegen“. Oder sie müssen zu einem Sheeba-Konzert. Die Girl Group bekam 1980 nach einem Auftritt kübelweise Post von ledigen Bauern. „Ich bin seit Jahren ein großer Fan von dir“, behauptete einer. „Deine Singerei gefällt mir aber nicht. Ich habe gelesen, dass du große, schlanke Männer magst. Ich bin ein großer, schlanker Mann.“ Ein Kuhhirt fragte: „Erinnerst du dich an mich? Ich war der Typ in der ersten Reihe mit dem schwarzen Anorak. Du sagtest, dass du mich nach dem Konzert am Haupteingang treffen würdest, aber du kamst nicht.“

Den Bauern kann geholfen werden. Das Buch enthält eine Liste der Ortschaften mit dem größten Frauenüberschuss: In Gillabbey im Süden Irlands sind 65 Prozent der Bevölkerung Frauen. Nicht angegeben ist allerdings, wie groß die Bevölkerung ist, möglicherweise hat der Ort nur ein Dutzend Einwohner.

Vermutlich war es einer der liebestollen Landwirte, der in einer Radio-Quizsendung den Satz „Wein, Weib und …“ vollenden sollte. Wie aus der Pistole geschossen rief er: „Sex!“ Derselbe Mensch antwortete auf die Frage, welche Person ein Tutu, also eine Art Ballettkleidchen, trägt: „Ein Bischof.“ Durchaus möglich.

Religiöse Würdenträger nehmen breiten Raum im Buch der irischen Merkwürdigkeiten ein. Als der Papst 1979 eine Jugendmesse im westirischen Galway abhielt, musste jede Diözese „einen Bäcker im weißen Overall und einen Lahmen mit Stock oder Krücke“ mitbringen. Wollte der Heilige Vater mit den Massen das Brot brechen und nebenbei eine kleine Wunderheilung vollbringen?

Nicht enthalten ist in dem Buch eine Liste der katholischen Pfaffen mit den meisten Kindern. Es fehlt auch die fantasievollste Steuer. Irland ist fast pleite. Weil man aber die Einkommensteuer nicht erhöhen will, da sich die Wähler dafür rächen könnten, hat die Regierung einfach neue Steuern erfunden, wie die Gebühr von 630 Euro, die man in Tipperary berappen muss, wenn man ein „Zu-verkaufen-Schild“ an seinem Haus anbringt.

„Irland ist ein furchtbar komisches Land“, zitiert die Irish Times die beiden Autoren. „Komisch im Ha-ha-Sinn, komisch im absonderlichen Sinn und komisch im Wenn-du-nicht-lachst-musst-du-weinen-Sinn.“ Dasselbe gilt für dieses Buch.