erwin teufel gemobbt : Panik in der zweiten Reihe
Die baden-württembergische CDU hat durch hartnäckige Arbeit erreicht, was ziemlich unwahrscheinlich war: Mitleid zu erregen für Erwin Teufel. Die Kampagne gegen ihn, die er gestern verständlicherweise mit seinem Rücktritt beendete, war unfair. Parteikonkurrenten zeichneten ihn als altersstarrsinnigen Machtmaniac, der Spiegel porträtierte ihn als überforderten Provinzdeppen. Rätselhaft, dass eine solche Niete dreizehn Jahre lang ein erfolgreiches, hochindustrialisiertes Bundesland regieren konnte. Teufels Sturz ist mehr als ein regionales Ereignis. Er erzählt etwas über den Zustand der CDU – über ihre Verunsicherung sogar dort, wo sie ein Abonnement auf Wahlsiege hat.
KOMMENTARVON STEFAN REINECKE
Bemerkenswert ist, dass es nicht um Politik ging. Jene, die Teufel stürzten, wollen keinen anderen Kurs. Günther Oettinger, der als möglicher Erbe gilt, wurden mal schwarz-grüne Neigungen nachgesagt. Aber dieses Gedankenspiel ist lange her. Die forschen Jung-Unionisten und Landespolitiker wollen weiter Teufel-Politik machen – solide, traditionell, katholisch, vielleicht etwas weltgewandter – nur ohne Teufel.
Auch ein anderer Grund für die Anti-Teufel-Revolte fehlt, nämlich die Furcht, mit ihm die Wahl zu verlieren. Denn ob die CDU mit Teufel schlechtere Wahlchancen als mit Oettinger oder Annette Schavan gehabt hätte, ist zumindest zweifelhaft.
Kurzum: Die Kampagne basierte auf einem einzigen Argument: Teufel sei zu alt. Er regiere schon so lange, deshalb müsse er weg. Offenbar versetzte die Aussicht, dass er bis 2010 an der Macht bleiben könnte, die zweite Reihe in Panik. Sie spürte schon die Konkurrenz der Jüngeren.
Die Idee, dass ein Politiker mit 65 zu alt sei, ist für eine Partei, die rhetorisch so viel auf Traditionen hält, erstaunlich. Gerade in der CDU, die lange eine Honoratiorenpartei war, wurde das Alter, verkörpert in der Figur Adenauer, lange hoch geschätzt. Damit scheint es vorbei zu sein. Das ist ein Zeichen dafür, wie unsicher die CDU über ihre eigene Wertewelt ist.
Man muss sich die Honoratiorenpartei, die die CDU bis weit in die 70er-Jahre war, nicht schön malen, um in Teufels Sturz eine Deformation zu erkennen. Auch in der CDU der 50er- und 60er-Jahre war die Intrige ein beliebtes Spiel. Den Alten zu bekämpfen, der nicht gehen will, hat seit Adenauer Tradition. Aber jene, die gegen Kohl oder Adenauer opponierten, hatten auch neue Ideen – und nicht bloß die Angst, zu kurz zu kommen. Es ist diese Leere, die so abgründig wirkt.