eine recherche der taz und des kulturradios lotte in weimar: Auf der Suche nach der deutschen Leitkultur *
„Man schlägt keine Leute tot. Man löst Probleme nicht durch den Ausschluss von Anderen“
Klaus Theweleit, Autor, Professor und Kulturschaffender aus Freiburg/Breisgau:
Es steht außer Frage, dass der neue Begriff der deutschen Leitkultur unsinnig und kriminell ist. Aber er stößt auf Realitäten. Probleme werden hier dadurch gelöst, dass man irgendwen ausschließt, von sich fern hält, schuldig spricht. Das war schon im Faschismus so. Wegschieben, Ausrotten, Selektionieren, Totschlagen: Damit löst man deutsche Probleme.
Auf der politischen Ebene gehört dazu: das Führen von Schwarzkassen, Bestechung und ähnlich kriminelle Dinge. Dazu gehört aber auch die Asylgesetzgebung, also Ausschließungspraktiken, in denen sich alle Parteien derzeit übertreffen. Und im Zivilleben zeigt sich die deutsche Leitkultur gegenwärtig nun einmal im Totschlagen von Leuten.
Wenn man also vernünftigerweise eine deutsche Leitkultur definieren möchte, dann wäre die in zwei Sätzen aufgehoben: „Man schlägt keine Leute tot. Man löst Probleme nicht durch den Ausschluss von Anderen.“ Das sind die einzig sinnvollen Sätze, wenn es um die Definition einer vernünftigen deutschen Leitkultur geht. Aber genau das meint Friedrich Merz natürlich nicht. Der Begriff – wie er ihn verwendet – besagt, dass man da was zudecken will. Leute wie Merz interessiert es null, ob es der Gesellschaft nützt oder schadet, was sie sagen. Das ist Kampagnenpolitik, die der CDU über die nächsten Wahlen helfen soll – und die Partei nimmt dafür (wie im Fall Koch) ihr eigenes Kriminellsein in Kauf.
* „Zuwanderer müssen sich der deutschen Leitkultur anpassen“ (Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen