ein freund für henryk broder! von WIGLAF DROSTE:
Das jüngste Buch von Henryk Broder, „Kein Krieg, nirgends: Die Deutschen und der Terror“, wird vom Berlin Verlag in Zeitungsannoncen so beworben: „ ‚Eine böse, aber große Polemik.‘ Gerhard Schröder, Bundeskanzler“. Ist hier die Angst im Spiel, man könne Gerhard Schröder ohne Nennung seines Berufs für die Dutzendmaske halten, die er ist?
Noch peinlicher ist der Vorgang für Henryk Broder. Was ist ein Polemiker wert, der sich von einem Bundeskanzler loben lässt, den wiederum er zuvor hoch lobte? Broder legt Wert darauf, Gerhard Schröder bei seinem Kurs der besinnungslosen Solidarität mit den USA zu stützen, und im Verein mit Wolf Biermann, Herta Müller, Peter Schneider und ähnlich gedankenfreien Betriebsnudeln erklärte er am 16. November 2001: „Wir unterstützen die feste Haltung der Bundesregierung im Afghanistan-Konflikt.“ Und deshalb ist seine angebliche Polemik jetzt angeblich „böse, aber groß“.
Broders schwarzrotgolden gebundener und geschriebener Schnellschuss ist so polemisch wie Springers Bild: grobschlächtig, ungenau, ressentimentgeladen – und verfasst im Wissen, Millionen fernsehgefütterte Halbalphabeten hinter sich zu haben. Broders Haltung in der Kriegsfrage gleicht dem Agitationsbombardement, mit dem die Zivilbevölkerung seit Monaten von Regierung und Bild eingedeckt wird: Jaaaa, Krieg! Mit dem Bretzelkollateralschaden George W. Bush gegen „die Achse des Bösen“ – und gegen die, denen das Armageddon-Gerede vom Kampf Gut versus Böse etwas zu primitiv ist. So kippt ihm der polemisch gemeinte Rundschlag um in eine kurzatmige, aggressiv realitätsflüchtige und sehr langweilige Hetzschrift: Wer seinen Kopf nicht zum willig-begeisterten Propagandaempfangseimer zugerichtet hat, den erklärt Broder billig zum Feind der Menschheit.
Ein bisschen bedauerlich ist die Verschrumpfkopfung Broders schon: Wie er in den Achtzigerjahren den deutsch-antisemitischen Volkskörper in den Hintern trat, das hatte Wut, Schwung und Wahrheit. Danach ging es meistenteils bergab: Broders bevorzugte Angriffsfläche wurde die ehemalige DDR; je länger sie nicht mehr existierte, umso mutiger drosch er auf sie ein. Broder hat ein Hauptgesetz seines eigenen Genres vergessen oder verdrängt: Polemik aus der Mehrheitsposition heraus funktioniert nicht. Gemeinsam mit dem Bundeskanzler gegen das Volk stänkern, wenn es in Teilen nicht fahnenschwenkend mitläuft, ist nicht Polemik, sondern Parteitags- und Erpresserprosa.
Die sich noch mit Weinerlichkeit paart: „80 Prozent seiner Sozialkontakte“, jammerte Broder im Interview mit Springers Welt, habe er „nach dem 11. September verloren“, außer mit seiner Familie habe er nur mit seinem „Freund Reinhard Mohr“ Telefonkontakt gehabt. Wenn Broder aber niemand mehr geblieben ist als der Pazifistfucker Reinhard Mohr, dann muss man ihm helfen. Zusammenlegen jetzt! Kaufen wir Henryk Broder einen neuen Freund – und wenn es einer zum Aufblasen ist. Denn vom Aufblasen versteht Henryk Broder eine Menge.
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