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documentaDie Kunst der Ausstellung

Brigitte Werneburg
Kommentar von Brigitte Werneburg

Am Samstag beginnt das Spektakel documenta. Trotz ausgestopfter Giraffe und Blumenzucht wirkt die Ausstellung irgendwie museal.

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Brigitte Werneburg
war Filmredakteurin, Ressortleiterin der Kultur und zuletzt lange Jahre Kunstredakteurin der taz. Seit 2022 als freie Journalistin und Autorin tätig. Themen Kunst, Film, Design, Architektur, Mode, Kulturpolitik.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

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  • WH
    Werner Hahn

    Richters "Betty" auf der BUERGELiade und die RAF

     

    Bejahte Richter, dass zur d12 "Betty" von 1977 gezeigt wurde, nach 40 Jahren - passend zur RAFler-Debatte in der BRD? Von der damals 10-jährigen Tochter Babette gibt es ein 2. Porträt ohne "Lolitahaftigkeit": sehr "unscharf" und "verwischt" (WVZ 425-5). 3 Fotos hatte Richter damals gleichzeitig von Betty gemacht; ein Foto wurde (noch) nicht zum Gemälde transformiert. Auf eine Idee von Ex-Ehefrau Isa Genzgen geht die Baader-Meinhof-Serie zurück! Die Stammheim-Tote hat eine andere Position. Über Gerhard Richters "Betty" - ?"die wohl berühmteste und bekannteste Arbeit auf dieser documenta" (Deutschlandradio), die das auf dem Kunstmarkt teuerste Documenta-Exponat sein dürfte, sich aber im Privatbesitz der Richter-Tochter befindet, die vor kurzem selbst Mutter geworden ist, erfahren wir indessen durch die d12-Audioführung so gut wie nichts: Denn R.M.B. verweist neben Hinweisen auf die "Dialog"-Arbeiten von Lee Lozano (sog. Migrationsspiel) lediglich auf Betty als das "nicht minder abstrakte, wiewohl figurativ erscheinende Bild Gerhard Richters". Greifen wir zum d12-Katalog, so lesen wir S. 104, dass Richter 1977 3 Fotos von seiner Tochter gemacht habe und daraus 2 Gemälde entstanden sind: Betty 425/4 und Betty 425/5. Das nicht näher erläuterte Gemälde 425/5 nehme "Erhängte bereits vorweg" - sei angeblich Gudrun Enslin "gewidmet" worden. Zum ausgestellten Bild Betty 425/4 verkündet R.M.B.: Es stehe in Verbindung zur RAF und Ulrike Meinhof; es basiere angeblich auf einem "Head-Shot" vom "gefundenen Bild" (er meint der Vorlage eines Pressefotos der toten, erhängten Meinhof). Betty sehe aus "wie eine Erwachsene, nicht wie ein Schulmädchen". Sie liege auf "Schlachterblock" - wie wenn das Mädchen enthauptet worden wäre. R.M.B. glaubt: "Da es nicht möglich ist, ihrem Blick zu begegnen, können wir kaum dem Impuls widerstehen, unser eigenes Genick der Guillotine preiszugeben und unseren Kopf nach rechts zu drehen. Geben wir dem Impuls nach, ist Meinhof nicht länger eine fremde 'Andere', sondern sie wird zu dem, was Betty für ihren Vater darstellt: Fleisch unseres ontologischen Fleisches."

     

    PS: Siehe Internet zum "MAHNMAL der 101 documenta-Verrisse zur Landtagswahl in Hessen 2008: Änderung der KUNST-Politik ist gefragt! Documenta-REFORM - Stillstand überwinden!"

  • MP
    Michaela Preiner

    Die documenta zeigt ihre Krallen

     

    Einigen, denen es bis jetzt entgangen ist, geht langsam ein Lichtchen auf. Man mag über das künstlerische Konzept, deren Durchführung und die Ästhetik der Schau vielerlei Meinung sein. Eine sollte jedoch alle Kommentatoren, wie es in diesem Artikel auch Brigitte Werneburg zum Ausdruck bringt, einen. Nämlich die Ablehnung von Berichterstattungs- und Führungsknebeln. Ich bin derselben Meinung wie die Autorin, dass diese kruden Ideen eigentlich nur kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen werden sollten, denn das darin enthaltene satirische Element kippt die Aktion bereits wieder ins Künstlerische. Solange die documenta-Verantwortlichen dies auch so angedacht haben und Restriktionen nicht zu befürchten sind, geht das auch noch an. Haarig wird es erst, wenn erste Beschwerden von abgemahnten Betroffenen publik werden. Aber selbst dann hat die documenta erreicht, durch den heraufbeschworenen Skandal wieder in aller Munde zu sein. Und das hat System. Ob die etwaigen, rechtlichen Folgen tatsächlich bedacht wurden wage ich bis jetzt noch zu bezweifeln. Also abwarten, und Gegenkrallen schärfen!

    Michaela Preiner