dieser verdammte krieg (61):
SIBYLLE BERG führt heute das Kriegstagebuch der taz.
Ist das kalt geworden
Minus hundert Grad, und es hat sich nichts an unseren Lebensumständen geändert. Allah sei Dank. Stellen wir uns vor – Deutschland hätte sich von den USA distanziert – gesagt – war schon blöd mit den Hochhäusern, aber sorry – wir wollen – glaub nicht, dass die gesamte Welt USA wird, weil die Leute sind so dick dort, und die Waffen, und jeder will nur reich werden, sein oder bleiben – da haben wir keine Lust drauf.
Dann wären wir rückschrittlich gewesen, steinzeitlich, wären Terroristen und Deutschland wäre bombardiert worden, und Sie säßen vielleicht jetzt in einer Notunterkunft. In einer Moschee z. B. Vermummte Frauen würden Ihnen Pfefferminztee geben und Carepakete kämen aus den USA, darin wären alte Burger und Turnschuhe und Bücher über Konzerne und wie wir auch ein Konzern werden können. Das wär doch Scheiße.
So ist es wirklich besser. Kalt draußen und wir alle in warmen Wohnungen, schauen uns lustige Ussama-Videos an. Selbst wenn das Video gefälscht wäre, es keinen Ussama gäbe, was würde das ändern? Wir haben die Welt endlich da, wo sie hingehört – im allein herrschenden Kapitalismus, und in ein paar Jahren werden alle, die etwas anderes wollten, die alberne Träume von Gerechtigkeit hatten – ausgelacht und dann vergessen sein.
Wir haben eine globalisierte Welt, Kapitalaufteilung zwischen drei, vier Konzernen, eine Armee, und endlich sind wir alle gleich. Und wenn das die Endstufe der Evolution ist, dann hoffen wir darauf, dass danach wirklich Schluss ist, wir gnädig aussterben und Platz schaffen für Kletterpflanzen. Das wäre – Allah sei Dank – eine wirklich gute Entwicklung.
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