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die wahrheitIn der Höhle des Meisners

Es gibt eigentlich nur zwei Lösungsmöglichkeiten für den pathologischen Fall Kardinal Meisner: entweder totschlagen oder totschweigen....

...Aber das wäre ein Verlust der Mitte. Wählen wir also lieber den Mittelweg. Auf nach Köln. In die Höhle des Meisners. Suchen wir am Ort des Geschehens Antworten auf die Frage: Was treibt den irren Rotrock an? Besichtigen wir im Kölner Dom den - und jetzt kommt eine zugegebenermaßen etwas gewagte Metapher für ein Kirchenfenster - Stein des Anstoßes. Schauen wir uns das von dem Künstler Gerhard Richter neu gestaltete Südfenster des Doms an. Schließlich war das Kunstwerk der Auslöser für die jüngsten Ausfälle des kardinalen Entartungsexperten.

Auf dem Weg meldet sich erst einmal der Kölner Generalvikar zu Wort. Er trägt den erfreulich sprechenden Namen Dominik Schwaderlapp und verteidigt erwartungsgemäß den Kardinal wie ein Stiefelknecht seinen Gutsherrn. Schwaderlapp reimt sich nicht umsonst auf Schmierlapp und papperlapapp. Noch bieten die Katholen nichts Überraschendes.

Umso größer ist das Erstaunen dann, als man endlich im Kölner Dom vor dem gläsernen Kunstwerk steht: Man kann den Meisner mit einem Mal verstehen. Da hat man ein Kirchenfenster bestellt und bekommt ein Kneipenfenster. Das abstrakte Richter-Fenster sieht aus wie die moderne und hellere Variante einer Kneipenbutzenscheibe. Ob das sogar die geheime Botschaft des Künstlers ist? Der Lichtfluss verstärkt noch die Vermutung. Während die übrigen historischen Fenster mit ihren figürlichen Darstellungen von Kirchenfürsten seltsam stumpf und trocken erscheinen, setzt Richter ganz auf das fließende Licht. Wenn die Mittagssonne durch das Südfenster bricht, bestrahlt das bunte Glas den Steinboden und das Betgestühl wie eine Leuchtreklame für die kölsche Dreieinigkeit aus Dom, Kneipe und Rhein.

So viel Licht der Erkenntnis macht durstig. Eilig flüchten wir vor der Mittagsandacht aus dem Dom - schräg gegenüber zu "Früh", wo man tatsächlich ein sehr frühes Kölsch zischt, nachdem man vom Köbes begrüßt wurde: "Seid froh, dass wir Anfang der Woche haben, da nehm ich noch freundlich die Bestellung auf, ab Mittwoch sag ich dann nur noch: 'Sauf und halts Maul!' ", grantelt herzlich der eigentliche Regent der Stadt, der Kellner und Unterhaltungskünstler in einer Person ist.

Künstler und Köbes entfalten eine einzigartige Wirkungskraft. Mit seinem altbackenen Christenzinnober kann der Erzbischof von Köln da nicht mithalten und muss umso lauter krähen, wenn er gehört werden will. Und was wirkt am schrillsten? Nazisprech. Das geht immer auf dem Jahrmarkt der gesellschaftlichen Eifersüchteleien.

Wie die Römer traditionell den Papst abgrundtief hassen, so verabscheuen die Kölner ihren Kardinal, speziell diesen Meisner, der ihnen von Rom aufgedrückt wurde und überhaupt nicht zu ihnen passt, wie sie sagen. Aber welcher Kardinal passt schon zu Kölnern? Und so fasst der Köbes alles zusammen, was sich zum Meisner sagen lässt, als er sich schließlich einen von uns am Tisch für die Rechnung ausguckt: "Irgendjemand muss ja der Arsch sein."

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