piwik no script img

die wahrheitHerbstmond

Ein Gedicht von GEORG RAABE.

Bild: reuters

Herbstmond

O Mond! Wie öde, o, wie dumm

hängst du da oben wieder rum,

treibst träge dich durch Wolkenschollen,

wenn andere gerne schlafen wollen.

So käsegelb, so schal, so fahl

befunzelst du Busch, Berg und Tal.

Das nennst du Licht? Da lach ich laut!

(Dazu ist es auch noch geklaut.)

Mann, Mond, sei doch mal wie der Stern,

der Sonne heißt - den hat man gern.

Der macht sich nächtens nicht so wichtig.

Die Sonne, Mond, sie sieht das richtig:

Glut. Gleißen. Glamour. Glanz und Star.

Doch du dagegen? Ganz und gar

bloß Krater, Dellen, Löcher, Beulen.

Mensch, Mond, mit dir ist es zum Heulen!

Und Nacht für Nacht die gleiche Leier.

Hey, Mond, das geht mir auf die Eier!

O Mond, so öde, o, so dumm,

sag mir nur eins, Mond, sag: Warum?

Doch nein! Sags nicht! Bewahr dein Schweigen!

Denn etwas Schönes ist dir eigen

- da kann ich sagen, was ich will.

Du hast was Gutes: Du bist still.

Georg Raabe

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!