Unter dem Titel »Linguistische Kammerjäger scheinkämpfen um die deutsche Weihnacht« drischt Jürgen Roth mit schwerer Keule auf die Sprachpfleger ein, zu Unrecht. Die Sprachpfleger leben sprachlich nicht nur in den Tag hinein wie der Autor, sondern sorgen sich nicht um die Zukunft der deutschen Sprache, sondern tun auch etwas gegen Fehlentwicklungen.
Das Wort »Weihnachten« ist aus dem allgemeinen Sprachgebrauch sicherlich noch nicht verschwunden. Aber vielleicht ergeht es diesem Wort eines Tages wie z. B. dem Laden oder Geschäft. Diese Ausdrücke sind inzwischen durch Shop oder Store ersetzt worden. Für Eintrittskarte, Fahrkarte, Flugschein usw. wird seit einiger Zeit fast ausschließlich Ticket gebraucht. Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Der Autor möge doch einmal durch die Einkaufsstraßen der Städte gehen, eine Handvoll Zeitschriften durchblättern oder sich die Produkte in Kosmetikläden ansehen. Die Warenwelt ist ein wichtiger Lebensbereich unserer Bürger. Man kann sich nicht nur die Literatur ansehen und daraus schließen, dass alles in bester Ordnung ist.
Die Sprachpfleger sind eine bunte Schar. Manche sind in der Wortwahl etwas grob, manchen fehlen auch die sprachgeschichtlichen Kenntnisse. Das trifft aber auf die Rollenspieler und einen großen Teil der von Ihnen so bezeichneten »linguistischen Kammerjäger und Schrebergärtner« im Verein deutsche Sprache nicht zu.
Sprachpfleger hat es schon seit langer Zeit gegeben. Ich erinnere an die 1617 gegründete und seit dem letzten Jahr weitergeführte Fruchtbringende Gesellschaft, an den 1644 entstandenen Pegnesischer Blumenorden, die Aufrichtige Tannengesellschaft, die Deutschgesinnte Genossenschaft, den Elbschwanenorden, an den Allgemeine Deutsche Sprachverein (ADSV) und seinen ohne sprachpflegerischen Ehrgeiz agierenden Nachfolger, die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) und andere Vereine. Sie alle haben sich u. a. dafür eingesetzt, dass treffende deutsche Wörter nicht von überflüssigen Fremdwörtern ersetzt werden. Viele gelungene Wortschöpfungen sind heute Teil unserer Standardsprache (Hubschrauber für Helikopter, Fließband für assembly line, Bürgersteig/Gehweg für Trottoir, poste restante für postlagernd) geworden.
Natürlich haben wir Wörter aus dem Griechischen, Lateinischen, Französischen und anderen Sprachen übernommen, manchmal mit Gewinn für unsere Sprache, oft aber völlig sinnlos. Die Fremdwörterbücher werden immer dicker. Wenn man aber nachschlägt, findet man unter den Stichwörtern meistens treffende und treffendere deutsche Ausdrücke.
Der Verein Deutsche Sprache, der größte Sprachverein im deutsprachigen Raum, beschäftigt sich auch nicht nur mit Aktionen gegen überflüssige englische Ausdrücke in der deutschen Sprache, sondern auch mit anderen Problemfeldern. Dafür hat er über 30 Arbeitsgruppen eingesetzt (http://vds-ev.de/verein/aktive/arbeitsgruppen.php).
Der Anglizismen-Index des Vereins deutsche Sprache bietet für über 6.000 englischen Ausdrücken Wortentsprechungen oder Erläuterungen. Das ist ein Angebot, von dem wir hoffen, dass die deutschen Sprecher daran Gefallen finden. Der Klapprechner ist zum Beispiel ein gelungenes Wort für Laptop, da es Klappstühle u. ä. in der deutschen Sprache bereits gibt. Welche Wörter zu den »Buchstabenklumpen« gehören und welche nicht, hat uns der Autor nicht mitgeteilt. Vermutlich handelt es sich ohnehin nur um Polemik, mit denen er seine Leser auf Kosten des Vereins Deutsche Sprache zu erfreuen versucht. Der populistische Vorwurf der Deutschtümelei ist dann nicht mehr weit und der übliche Reflex. Wir Sprachpfleger sind nicht deutschtümelnd, aber auch nicht englischtümelnd. Der Verein Deutsche Sprache ist ein Sprachverein und kein politischer Verein. Wir Sprachpfleger handeln in Einklang mit dem Grundgesetz in unserem heutigen demokratischen Staat und haben mit der Gedankenwelt des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, der unter diesem Namen von 1885 bis 1943 bestand, nichts zu tun.
Analytisch ist dem Autor die Begründung für die »Dummwortbäckerei« gänzlich missraten: Sechs, setzen Roth!
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