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die wahrheitDer private Humor der Politiker

Immer wieder zeigen Wahrheit-Artikel Nebenwirkungen für andere taz-Ressorts, die uns zwar leid tun für die werten Kollegen, aber wir können ja unsere Arbeit nicht einfach einstellen und die Wahrheit unterschlagen.

So brechen Politiker gern mal Kontakte zu den Politjournalisten ab, weil ihnen ein Artikel nicht passt. Zuletzt tat dies Wolfgang Bosbach. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion spricht nicht mehr mit dem Inlandsressort der taz, allerdings nicht wegen einer Geschichte über ihn selbst, sondern aus Solidarität mit seinem Kollegen Eckart von Klaeden, den ein Wahrheit-Artikel arg verspottete. Als besonders beleidigend empfand Bosbach dabei offenbar die Fotounterzeile: "Dem sympathischen Kerl Eckart von Klaeden steht das Sitzfleisch ins Gesicht geschrieben."

Das war tatsächlich nicht nett. Aber muss man nett sein zu Politikern? Was jedoch ist, wenn ein Politiker nett ist? Oder noch wundersamer: Wenn ein Politiker Humor hat?

Neuerdings taucht unter Journalisten ständig ein Satz auf: "Aber privat ist er sehr witzig." Dauernd erzählen einem Kollegen, wie brüllend komisch irgendwelche ansonsten blass und hölzern wirkenden Apparatschiks und Sesselpuper im wirklichen Leben seien. So wird in der Branche kolportiert, dass ausgerechnet Eckart von Klaeden privat ein von Geisteswitz nur so sprühender Zeitgenosse sei. Und als Olaf Scholz kürzlich zum Arbeitsminister ernannt wurde, verbreitete der Stern-Kommentator Hans-Ulrich Jörges im Radio enthusiasmiert, dass Scholz privat ein enorm witziger Kerl sei, der ihn bereits zum Lachen gebracht habe. Da darf Angela Merkel nicht fehlen, von der ebenfalls berichtet wird, dass sie im nichtöffentlichen Raum Humor habe und manchen Witz abfeuere.

Ist das wahrhaftig so? Tragen von Klaeden, Scholz und Merkel nur eine äußerliche Betonfassade durch die Medienlandschaft? Und macht sie das nicht erst recht verdächtig? Humor ist schließlich eine Frage des persönlichen Charakters, während Komik sich erlernen lässt. Täuschen uns also Politiker sogar über ihren Humor? Kann man aber jemandem trauen, dem es ständig erfolgreich gelingt, seinen wahren Charakter zu verbergen? Müssten diese Politiker, die doch mit dem Credo antreten, glaubhaft zu sein, nicht das Wesen ihres Humors offenbaren? Oder müssen wir ihnen zugestehen, dass sie sich als öffentliche Figuren eine Ecke Privatheit erhalten und dass sie deshalb zum Lachen in den Keller gehen?

Die Antwort ist viel einfacher. Wenn man das ganze Karnevals-, Kabarett- und sonstige Komikgewese in der Politik betrachtet, kann man sich sicher sein: Der überwiegende Teil der Politiker besitzt überhaupt keinen Humor. Auch sind die meisten Politjournalisten bislang nicht gerade dadurch aufgefallen, dass sie Humorexperten sind. Aber als Teil der politischen Kaste sind Letztere schon froh, wenn sie einmal nicht mit grauenhaft humorfreien Stanzen von Bürokraten abgefertigt werden. Treffen Journalisten dann in einem eher intimen Rahmen auf Politiker, wird jeder kleine Geistesblitz als komischer Hurrikan wahrgenommen - und so entstand der neue Modesatz des politischen Berlin: "Aber privat ist er sehr witzig."

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