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die wahrheitUnicef und Hans Leyendecker

Kollateralschaden einer Affäre.

In den vergangenen Wochen bewegte die Öffentlichkeit ein in der Affärengeschichte der Bundesrepublik eher semibrisanter Skandal: Der Führungsetage des Kinderhilfswerks Unicef wurde vorgeworfen, Spendengelder veruntreut zu haben. Als Resultat der Enthüllungen traten zunächst die Vorsitzende Heide Simonis und dann der Geschäftsführer Dietrich Garlichs zurück. Im Windschatten der Affäre aber hat sich ein Kollateralschaden ergeben, der zumindest in der Journalistenbranche für Erheiterung sorgte: der Fall des Hans Leyendecker.

Leyendecker ist Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung und der selbst ernannte "König des investigativen Journalismus", wie die Wahrheit einmal schrieb. Nun hat Leyendecker zur Aufdeckung der Vorgänge bei Unicef rein gar nichts beigetragen. Losgetreten hat die Geschichte ein Redakteur der Frankfurter Rundschau und früherer taz-Mitarbeiter Matthias Thieme. Es lief alles wie im Lehrbuch ab: Informanten tragen interne Papiere zu; es wird recherchiert; Verantwortliche bestreiten Vorwürfe; es wird intensiver recherchiert; Vorwürfe bewahrheiten sich; Verantwortliche treten zurück.

Auch die Verteidigungsstrategie von Unicef zeigte ein bewährtes Muster. In der Unicef-Chefetage wurde die Devise ausgegeben, die Organisation dürfe auf keinen Fall beschädigt werden, dafür sei die Sache viel zu wichtig. Also wurden journalistische Leuchten wie Sabine Christiansen und Rolf Seelmann-Eggebert in Gang gesetzt, aber auch der allerhellste Mitwirkende an der Affäre, der "Unicef-Repräsentant" (dpa) Udo Lindenberg, der erklärte: "Unicef ist stärker und wichtiger als ne kleine Krise, die da mal durchrauscht. Denken wir an ein reinigendes Gewitter - hallo, na klar, wir bleiben knallewach." Wenn sich irgendwann der Rauch gelegt hat, muss man wohl genauer hinschauen, welche Knall- und Sprengköpfe im Umfeld dieser Geldsammelorganisation endgelagert werden.

Den Vogel aber schoss Hans Leyendecker ab. Am vergangenen Freitag erschien in der SZ ein Artikel, in dem er über "die grenzwertige Strafverfolgung mit Hilfe der Medien" fabulierte und dem Rechercheur Thieme vorwarf, dass dieser bei der Staatsanwaltschaft ein juristisches Verfahren gegen die Unicef-Verantwortlichen anstoßen wollte und so gegen das journalistische Ethos verstoßen habe. Als angeblichen Beweis zitierte Leyendecker eine Mail von Thieme an die Staatsanwaltschaft, in der allerdings ein Informant den Behörden lediglich seine Hilfe bei der Aufdeckung der Vorgänge anbot. Leyendecker aber verstieg sich zu einer moralischen Anklage gegen den Boten der Nachricht - und zwar am selben Tag, als immer mehr Großspender ihre Beiträge für Unicef in Frage stellten und der Geschäftsführer zurücktrat.

Es waren purer Neid und gekränkte Eitelkeit eines Großfürsten der Publizistik, dass da ein junger Terrier von Journalist eine Geschichte durchhielt, während der Meister sie falsch eingeschätzt hatte: "Die FR agierte ... als gehe es um eine wirklich große Enthüllung", verkündete Leyendecker dickhosig von seinem Hochsitz des Ethos. Mit seinen dicken Eiern aber konnte er nicht mehr herunterklettern und sitzt deshalb noch heute dort: als Gespött einer ganzen Branche.

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