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die wahrheitHaushaltsplan und Haarwasser

Wird er sich einen hinter die Binde kippen? Der britische Schatzkanzler ist der einzige Mensch, der im Londoner Unterhaus Alkohol trinken darf ...

Wird er sich einen hinter die Binde kippen? Der britische Schatzkanzler ist der einzige Mensch, der im Londoner Unterhaus Alkohol trinken darf - aber nur an dem Tag, an dem er den neuen Haushaltsplan vorlegt. Dabei sind es eher die Steuerzahler, die nach dem budget einen Schnaps benötigen.

Übermorgen genießt zum ersten Mal Alistair Darling dieses Privileg. Sein Vorgänger und jetziger Chef, Labour-Premierminister Gordon Brown, hatte bei der Verkündung seiner zehn budgets lediglich schottisches Quellwasser zu sich genommen, denn er betont gern, dass er Schotte sei. Hätte er sich einen Whisky genehmigt, hätte man ihm das vielleicht sogar geglaubt.

Ken Clarke und Nigel Lawson, beide keine Schotten, tranken am Budget Day hingegen reichlich Whisky. Winston Churchill bevorzugte Cognac und Geoffrey Howe Gin. Das waren allesamt Tories. William Gladstone von den Liberalen trank lieber Sherry mit Ei, was wie Haarwasser schmeckte, wie ein Journalist entsetzt feststellte.

So mancher Schatzkanzler trank gar nichts. William Pitt the Younger war jedes Mal so aufgeregt, dass er hinter den Stuhl des Unterhauspräsidenten kotzte, bevor er sein budget vorstellte. Derick Heathcoat-Armory fiel 1960 während seiner Rede in Ohnmacht, weil er in den Tagen vorher lediglich ein verlorenes Ei - ohne Sherry - gegessen hatte. Vielleicht hatten ihm Feministinnen auch etwas auf das Ei gestreut, denn der Schatzkanzler hatte erklärt, es gebe drei Sachen, denen man nicht hinterherlaufen müsse: einer Tram, einer Frau, einer wirtschaftlichen Patentrezeptur: "Wenn man etwas wartet, kommt die nächste."

Das englische budget stammt vom französischen bougette ab. Das ist eine kleine Ledertasche. Bis 1965 haben sämtliche britischen Schatzkanzler am Budget Day dasselbe weinrote Köfferchen vor ihrem Amtssitz, der Downing Street Nummer 11, geschwenkt, das 1860 für Gladstone angefertigt wurde. Der Brite liebt eben Rituale. Nur Labour-Schatzkanzler Jim Callaghan hatte sich 1965 einen neuen braunen Koffer besorgt, doch zwei Jahre später musste er abtreten, weil er das heilige Pfund abgewertet hatte. Die Tories kramten den roten Koffer wieder hervor.

Einmal war der Koffer leer. George Ward Hunt hatte 1869 seine Rede zu Hause vergessen. Der mit 133 Kilo fetteste Schatzkanzler aller Zeiten hielt sich kein halbes Jahr in dem Job, aber immer noch länger als Iain MacLeod, der 1970 nach einem Monat Amtszeit haushaltsplanlos starb.

Die britischen Schatzkanzler sind heutzutage nicht mehr so fantasievoll wie früher, sie erhöhen regelmäßig die Steuern auf Alkohol, Zigaretten und Benzin. Dabei haben ihre Vorfahren vorgemacht, wie man ein Überraschungselement in den Haushaltsplan einbaut. Im 19. Jahrhundert wurde die Steuer danach berechnet, wie viele Hunde man besaß. Der Steuerinspektor trat gegen die Tür und zählte das Bellen. Eine Steuer gab es auch auf Hüte, Salz und Würfel, auf Uhren, künstliche Blumen und Haarwasser. Letztere wurde von Gladstone aufgehoben, sonst hätte er sich sein exotisches Getränk am Budget Day nicht erlauben können. Die Briten werden übermorgen darauf achten, was Darling in seinem Glas hat.

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