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die wahrheitSelbstauflösung jetzt!

Parteienforscher sind sich einig: Es gibt noch Wege aus der Krise der SPD.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck und die heimliche Parteichefin Andrea. Bild: ap

Nachdem sich die Linkspartei bei den vergangenen Wahlen mit Gregor Gysi (circa 1,62 Meter) und Oskar Lafontaine (dreikäsehoch) glaubhaft als Partei des kleinen Mannes etablieren konnte, ist die deutsche Parteienlandschaft deutlich in Bewegung beziehungsweise in freien Fall (SPD) geraten. Neue Koalitionsmöglichkeiten werden diskutiert, neben der Jamaika-Koalition (CDU-FDP-Grüne) ist auch die Kuba-Koalition (Linke-DKP-Cola) oder die Liberia-Koalition (Jeder gegen jeden) in greifbare Ferne gerückt. "Der Wähler möchte am liebsten gar nicht regiert werden", sagt Parteienforscher Franz-Günther Huselmann und macht an diesem Vormittag schon das dritte Pils auf. "Deswegen wählt er sich diesen Scheiß zurecht."

In den Strategieschmieden der Parteien feilen die Experten längst an griffigen Slogans ("Was macht froh und tut keinem weh - die SPD"), die das eigene Profil schärfen sollen, außerdem werden Wählerwünsche stärker als bisher berücksichtigt. Am überzeugendsten agierte dabei die Senioren-Partei "Die Grauen", die umgehend ihre Selbstauflösung beschloss.

Doch auch die etablierten Parteien gehen neue Wege. Den Hamburgern steht gar die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene ins Haus. Der Preis freilich, den die Bürgerlichen für den Pakt mit dem einstigen Erzfeind zahlen, ist hoch. Mit der Schaffung von bis zu vier Frauenparkplätzen vor allen Ökosupermärkten und der Einführung von Solartaschenrechnern an den Grundschulen sollen zentrale grüne Anliegen verwirklicht werden, für die man in den acht Jahren Regierungsbeteiligung im Bund schlichtweg keine Zeit gehabt hatte. "Es war ja immer Krieg", sagt Landesvorsitzende Anja Hajduk entschuldigend.

CDU-Grande Ole von Beust jedenfalls hofft auf eine "tragfähige Koalition", die so lange halten soll, "bis der nächste unausgelastete Richter eine Privatfehde gegen das Verbrechen vom Zaun bricht, weil ihm die Kokspreise zu hoch sind. Da sind wir natürlich wieder dabei", freut sich der als bubenhaft besonnen geltende Politiker.

Mit ernsthafteren Problemen (zum Beispiel Dagmar Metzger) hat indes die SPD zu kämpfen. In der traditionsreichsten deutschen Partei, als deren historische Errungenschaften die Erfindung des Bergbaus und das Nacktbaden gelten, toben entsetzliche Flügelkämpfe, bei denen es irgendwie um Politik zu gehen scheint. Das jedenfalls berichten Insider (zum Beispiel Dagmar Metzger), die namentlich nicht genannt werden wollen. Noch hat der charismatische Kurt Beck, wegen seines messerscharfen Verstandes "Beck the Knife" genannt, seine Genossen halbwegs im Griff, und außerdem gilt nach wie vor die von ihm ausgegebene Marschrichtung: "Ja, natürlich wird die SPD eine Koalition mit der Linken eingehen, und zwar auf keinen Fall." Doch seit der hessische Wahlkreis 50 in die Hände der Rebellen um Dagmar Metzger ("SPD classic") gefallen ist, scheint nichts mehr sicher - zumindest jenes sagenumwobene "Momentum" der jungen Hoffnungsträgerin Ypsilanti ("Jawoll, wir können!") ist vorerst verflogen.

Der Hesse muss sich wohl auf weitere fünfzig Jahre Roland Koch gefasst machen, wenn man Peer Steinbrück glauben darf, und auch die Bundestagswahlen 2009 bis 2059 sind so gut wie verloren. "Wenn wir jetzt nichts falsch machen", schränkt Steinbrück ("the real SPD") ein.

In Dieburg-Nord kam es indes zu ersten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den metzgertreuen "Butcher-Boys" und bekennenden Ypsilanten, während in Ober-Ramstadt gegen das Ausbleiben von Kurt-Beck-Karikaturen in dänischen Zeitungen protestiert wurde - eine gezielte Provokation, hinter der die Einflüsterungen des finsteren Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD/AO) vermutet werden, dem ebenfalls Ambitionen auf die Kanzlerschaft nachgesagt werden. "Ich trete nur an, wenn die SPD mir den Wahlsieg garantiert", dementierte Steinmeier sogleich, "außerdem will ich die volle künstlerische Kontrolle und fünfzig Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Na, sagen wir dreißig."

Mit dem polternden Machtwort: "Politik ist kein statisches Geschäft, sondern ein dynamisches", hat Vollbartpolitiker Beck jetzt versucht, diese und alle anderen Debatten ein für allemal zu beenden, doch bezweifelt nicht nur Parteienforscher Franz-Günther Huselmann, mit dem wir nun auch schon beim fünften Sherry sitzen, dass der zarte Pfälzer den Anforderungen seines Amtes gewachsen ist. Viele fordern bereits die Rückkehr des legendären sozialdemokratischen Anführers "Sauerland-Franz", um der aufziehenden kommunistischen Gefahr ("Matrosenaufstände! Christa Müller!") Herr zu werden. "Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden", soll der greise Müntefering zustimmend geunkt haben.

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3 Kommentare

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  • RK
    Robert Klemme

    Oh, Gott - jetzt passiert's. Ich hatte ja schon lange sowas befürchtet. RIP SPD. Schade, dass das Unterhaltungsprogramm von heute und tagesthemen dann wieder deutlich dröger wird. Aber vielleicht mischen die SPD-Splitter ja noch die anderen Parteien auf und uns bleibt der Streit noch eine Weile erhalten...

  • RG
    Reinhard Gottorf

    Also mal ehrlich! ? Aber das ist ja schon im Zusammenhang mit Politik und Medien die falsche Herangehensweise ? Also noch einmal mit anderem Anfang.

    Hier, und nur hier kommt die Wahrheit!!!!

     

    Es ist amüsant mit ansehen zu dürfen, wie eine Provinzposse zu einer die Republik in Atem haltenden Story gemacht wird. Uns ist nicht der neue Heiland geboren, nein, aber mindestens eine neue Jeanne d`Arc hat das Licht der Welt erblickt. Dagmar Metzger ist ihr Name.

    Das lustige an dieser Story ist, Frau Metzgers ?Popularität? ist allein denen geschuldet, deren bloße Existenz ihr scheinbar den politischen Verstand geraubt hat. Hier haben wir das klassische Beispiel eines Naturgesetzes, welches in der Physik als das System der korrespondierenden Röhren bezeichnet wird, dass auch im richtigen Leben seine Gültigkeit unter Beweis stellt. Warum? Nun, das will ich gerne erklären.

    Versuchen sie einmal in ihrer Gedankenwelt die Zeit vor den 27. Januar 2008 zurückzudrehen. Das war der Tag der hessischen Landtagswahl. Hatten sie zu diesem Zeitpunkt je den Namen Dagmar Metzger in irgend einer Postille oder Nachricht gehört? Wenn sie nicht zufällig in Darmstadt und Umgebung wohnten, war das schlechterdings unmöglich. Selbst wenn sie nicht im Wahlkreis Darmstadt II, Wahlkreis 50, ansässig wären, käme ihnen der Name nicht gleich in den Sinn. Nur der Nachname, der wäre wohl Auslöser von gewissen Assoziationen, was Darmstadt und insbesondere seine ?vorbildliche? Verkehrssituation betrifft. Aber hier soll keine Sippenhaft betrieben werden. Frau Metzger hat ja, im Unterschied zu ihrem Schwiegervater, dem ehemaligen SPD-Oberbürgermeister von Darmstadt und Mitinitiator des Seeheimer Kreises, Günther Metzger, nach eigener Feststellung ein Gewissen.

    Denkbar knapp, mit einer Stimme Vorsprung hatte sie die SPD-Nominierung im Wahlkreis 50 gewinnen können. Auch nur deshalb, weil der bisherige SPD-Wahlkreisabgeordnete nicht mehr, aus Altersgründen, kandidierte. Sie hatte es schon zweimal versucht, aber der alte Kandidat war selbst vom Metzger-Clan nicht weg zu bekommen. Bei ihrer Nominierungsrede hatte sie noch vehement für den Ausbau des Frankfurter Flughafens geworben. Ihre Position war damals stramm Wirtschaftsliberal. Sie setzt, nach eigener Aussage, auf eine Ampelkoalition. Die erlebt sie täglich in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung, der sie seit 1997, sieben Jahre nach dem Parteieintritt, angehört und heute stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion ist. In dieser Eigenschaft beschloss sie dann auch Anfang des Jahres, dass Darmstadt gegen den Flughafenausbau Klage einreicht, wie übrigens auch einige Gemeinden in ihrem jetzigen Wahlkreis. Also sind die Vorwürfe, die ihr jetzt gemacht werden, sie sei starrsinnig und politisch unflexibel, ungerecht und diffamierend. Sie hat das Gegenteil bewiesen. Erst war sie glühende Befürworterin des Flughafenausbaus, nun ist sie dagegen und klagt gegen die CDU-Landesregierung. Das war ja auch keine Gewissensfrage, und was ihre politische Glaubwürdigkeit angeht, man soll das nicht so eng sehen.

    Ihre öffentliche Wahrnehmung hielt sich bis dahin in Grenzen. Wenn man in dem Archiv des Darmstädter Echo, der Regionalzeitung, blättert, wird man, bei Eingabe ihres Namens, außer über die Berichterstattung von Wahlkampfveranstaltungen der Hessen-SPD und das Theater ihrer Nominierung nicht weiter fündig. Es sei den, man hält die Übernahme der Schirmherrschaft über die Jahresausstellung der Eberstädter Kaninchenzüchter (das ist kein Witz!!) für so bedeutsam, dass damit die heutige bundesweite Popularität gerechtfertigt wäre. Das suchen in anderen Pressearchiven wird im Ergebnis noch dünner, um nicht zu sagen erfolglos. Frau Metzger fand bis zu ihrer Gewissensentscheidung nicht statt. Sie selber wusste, dass, wenn sie in den Landtag gewählt werden würde, ihr nur die Rolle einer, wie der Volksmund so sagt, Hinterbänklerin zufallen würde. Das hat sie in einem Statement nach ihrer Nominierung für das DA-Echo selbst gesagt. Petitionsausschuss wäre ihre Handlungsebene geworden. Das Los aller Newcomer.

    Nun kam der Wahlabend. Zu aller Überraschung wurde sie im Wahlkreis 50 gewählt. Gegen die CDU-Kandidatin Karin Wolff, ihres Zeichens Kultusministerin der Koch-Regierung. Auf der Landesliste der SPD war sie, die zukünftige Heilige Johanna der bundesdeutschen Demokratie, nicht abgesichert. Auf die Frage, ?und wer soll mit wem regieren?? lautete die Antwort von ihr: ?Für Hessen wäre es das sinnvollste, wenn es so läuft wie hier in Darmstadt.? Also rot-grün-gelb, Ampel. Doch die FDP sagt: Niemals. ?Ja, das wird nicht einfach?, gibt Metzger zu. ?Da muss man einen langen Atem haben. In Darmstadt haben wir damals auch mehrere Monate der Gespräche gebraucht. Aber es gibt eben eine große Schnittmenge zwischen SPD und FDP.? (Sie hätte fairerweise noch die vielen gebrochenen Wahlversprechen der SPD auf dem Weg dahin erwähnen sollen. Aber das nur nebenbei). Weiter sagt sie, dass sie nie, niemals mit den ?Linken? Politik machen würde, das sei für sie eine Gewissenfrage (sic! Das ist so geschrieben worden! Nicht ?Gewissensfrage? sondern ?Gewissenfrage?. Also eine Frage ob man eines hat oder nicht. Nicht, ob man das Gewissen, welches man hat, bei einem Problem befragt und prüft.). Sie sagte außerdem noch, dass die Mauer, die nun seit fast 20 Jahren weg ist, noch nicht lange genug weg wäre, ?viel zu kurz? waren ihre Worte. - Übrigens, ein typisches Berlin(West)-Syndrom, unter dem heute noch immer viele Berliner/innen(West) leiden. Es lässt sich medizinisch nicht heilen. Selbst Psychiater haben entnervt alle Therapieversuche abgebrochen. - Das war am 29. Januar 2008, zwei Tage nach der Wahl. Sprach es und verschwand in den wohlverdienten Winterurlaub in die Schweiz.

    Die Reaktionen im deutschen Blätterwald ? Null, nichts, keine Zeile. Außer natürlich dem DA-Echo, aber sonst?? Immer noch hat keiner gemerkt, dass da die Erlöserfigur der deutschen Parteiendemokratie die Bühne betreten hatte. In Hessen ging die Suche nach einer neuen Regierung weiter. Die CDU sah sich als Gewinner der Wahl, sie erhob den Anspruch auf das Recht zur Regierungsbildung. Karin Wolff, die Kontrahentin der neuen Jeanne d´Arc im Kampf um den Wahlkreis 50, tritt als Ministerin zurück. Sie ist in dieser Posse eigentlich die bedauernswerte Betrogene. Dem politischen Mainstream ? wie man neudeutsch so sagt ? zum Opfer gefallen. Die inhaltlichen Qualitäten der Konkurrentin Metzger können nicht die Ursache gewesen sein. Allenfalls ein Unterschied hat sich dann doch heraus kristallisierte. Frau Metzger hat ein Gewissen. Das war während des Wahlkampfes aber noch nicht gefragt und es war demnach auch nicht bekannt. Diese Tatsache kann also nicht wahlentscheidend gewesen sein.

    Grüne und SPD wollen, aber können nicht ? alleine. Die FDP, anders als in Darmstadt und wie es Johanna sich wünscht, will nur mit der CDU. Mit den Grünen vielleicht noch, aber dann nur mit der CDU, Jamaika. Mit dieser SPD, der von Frau Ypsilanti, niemals. Ja, man braucht einen langen Atem, sagte ja die heilige Johanna vor ihrem Winterurlaub. Sie glaubte wohl fest an die Fähigkeit der anderen Seeheimer und Netzwerker, die mafiösen Strukturen (so der gute Günter Metzger) des SPD-Bezirks Südhessen so zu beeinflussen, dass es am Ende doch noch eine Ampel, ihre Wunschkoalition geben wird. Sie hat wohl die Fähigkeiten und die Niederträchtigkeit der Seeheimer und Netzwerker überschätzt. Und Schwiegerpapa hatte wahrscheinlich noch gesagt, fahre ruhig in den Ski-Urlaub, ich mach da schon noch was.

    Aber was macht die Ypsilanti? Der geht schon nach wenigen Tagen die Luft aus und äußert doch tatsächlich den Namen der Schmuddelkinder, die doch wahrhaftig in den Landtag eingezogen sind. Was vor der Wahl von der Frau Ypsilanti und auch von der Frau Metzger für ein unmögliche Option gehalten bzw. für Teufelswerk benannt wurde, erscheint plötzlich möglich. Die FDP läuft Gefahr, ausgebootet zu werden. Verrat, Wortbruch, das Ende der Zivilisation. Die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland ist am Boden. Dann auch noch der Beck, der lässt der Ypsilanti doch tatsächlich freie Hand mit den Kommunisten über eine Tolerierung, TOLERIERUNG, zu verhandeln. Das ist zu viel. Zu viel für den Seeheimer Kreis, zu viel für Günther Metzger, dem Schwiegervater und Mitgründer des Seeheimer Kreises. Am 3. März lässt er seinen Parteifreund Wolfgang Glenz, seines Zeichens Stadtkämmerer in Darmstadt und Vorsitzender der SPD Unterbezirks in Darmstadt, folgendes im DA-Echo sagen: ?Glaubwürdigkeit sei in der Politik ein hohes Gut und habe auch zum Erfolg der Hessen-SPD bei der Landtagswahl beigetragen. Sie darf nicht beschädigt werden. Ich lehne aus strategischen, inhaltlichen, nicht zuletzt auch aus moralischen Gründen jegliche Zusammenarbeit mit den Kommunisten und DDR-Nostalgikern ab.? Er verwies auf den ?leidvollen historischen Hintergrund? in Deutschland: ?Wesentliche Teile der Linkspartei verdanken ihre Entstehung einem totalitären System.? Er meinte damit wohl die Tatsache, dass viele der Mitglieder der ?Linken? in Westdeutschland ehemals Mitglieder der SPD waren. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, dieser Mann, Wolfgang Glenz, spricht von Glaubwürdigkeit. Und das im Zusammenhang mit Wahlen und der SPD. Lustig ist es auch, dass genau dieser beispiellose Schmonzes nun in allen Stellungnahmen der SPD-Untergliederungen im Darmstädter Raum erscheint, die ihre Unterstützung für die heilige Johanna bekunden.

    Herr Glenz sitzt nun aber nicht im Landtag. Also kommt als nächstes der gute Jürgen Walter, einst knapp geschlagener Gegenkandidat von Frau Ypsilanti um die Spitzenkandidatur in Hessen und erklärter ?Netzwerker?, und lehnt die Zusammenarbeit in jeglicher Form mit den ?Linken? ab. Aber er ist da noch inkonsequent und will noch nicht den Dolch im Gewande selber führen. Er erklärt öffentlich die ?volle Loyalität?, seit einiger Zeit in der SPD auch als ?Heide Simonisen? bezeichnet. Unsere heilige Johanna weilt immer noch im Urlaub. Am 5. März 2008 zitiert das Echo die Verliererin Karin Wolff. Sie ahnt, dass sie gelinkt worden ist und fragt nach der Wahrhaftigkeit der Aussage von Frau Metzger, mit den ?Linken? nicht zusammenarbeiten zu wollen.

    In der Ausgabe vom Donnerstag den 6. März 2008 berichtet das DA-Echo, ? die ja bekanntlich, wie fast alle Printmedien, in der Nacht vom 5. auf den 6. März produziert wird ? dass Günther Metzger, der Schwiegervater, dem Echo mitgeteilt habe, dass seine Schwiegertochter am Donnerstag dem 6. März 2008 in einem Telefongespräch aus ihrem Urlaubsort die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti davon unterrichtet hat, dass sie ihr bei der Wahl zur Ministerpräsidentin ihre Stimme nicht geben werde. Früher hätte sie nicht anrufen können, da ihr die Entwicklung in Hessen nicht bekannt war. Die ?Süddeutsche? wollte aber schon zu diesem Zeitpunkt wissen, dass sie eigentlich schon 14 Tage früher Frau Ypsilanti über ihre Haltung informieren wollte. Für jemanden, der gerade in einem schweren Wahlkampf eine der Spitzenfrauen der CDU aus dem Parlament vertrieben hat, ist es ja auch nur natürlich, dass die Koalitionsbildung und der ganze weitere Verlauf der politischen Nachwehen der Hessenwahl überhaupt nicht interessiert. Erst mal Urlaub. Was dann kommt, wird man sehen.

    Also um es klar zu machen: Eine Deutsche Zeitung schreibt in Ihrer Ausgabe, die am 6. März 2008 morgens in aller Herrgottsfrühe erscheint, über ein Ereignis, das erst am Morgen des 6. März 2008, also weit nach Redaktionsschluss, stattgefunden hat. Quelle ist der Schwiegervater, der nach dem Telefongespräch, welches, wie er selbst ja sagte, am Morgen des 6. März stattgefunden hat, das DA-Echo in einem Gespräch darüber informierte, das diese Telefongespräch stattgefunden hatte, welches ja aber schon der Redaktion am Abend des 5. März bekannt gewesen sein muss, sonst wäre die Nachricht ja nicht in die Ausgabe am 6. März erschienen. Das ist der moderne, investigative Journalismus. Man kenn die Nachricht vor dem Ereignis und veröffentlicht die Story, damit die Leser zum Frühstück das nachlesen können, was noch gar nicht stattgefunden hat. Super.

    Nun brach die Mediale Hölle los. Alles was Rang und Namen im Fach Kampagnenjournalismus hat, machte Frau Metzger zur Nachricht des Jahrhundert. Nur kurz durch gewisse Irritationen bei der Hamburgwahl, die Grünen wollen mit der CDU eine Koalition eingehen, Frau Metzger bestimmt das journalistische Tagwerk. Nicht nur die SPD in Hessen, nein auch die Teile der Partei, die das Vorgehen von Frau Ypsilanti befürworten und insbesondere ihr Vorsitzender Kurt Beck sind zum Abschuss freigegeben. Frau Metzger und der ganz Metzger-Clan sind aus dem Häuschen. Man kann gespannt sein, was noch alles, außer die Ernennung durch die BILD-Zeitung zur Heiligen, mit Dagmar Metzger passiert. Vielleicht wird sie Ministerpräsidentin einer SPD-FDP-Grünen Regierung in Hessen. Oder Stellvertreterin von Roland Koch in der Großen Koalition, die jetzt, wie vom Schwiegervater gewünscht, kommt.

    Bei aller Freude, eines muss ihr und allen ihren Freunden, ich meine natürlich Parteifreunden, aber klar sein. Ohne die ?Linken? in Hessen wäre sie nicht das, was sie heute ist. Gäbe es die Linken nicht im Hessischen Landtag, gäbe es keine Möglichkeit der SPD überhaupt, um an die Regierungsbildung zu denken. Ohne die Linkem säße Frau Metzger nicht in der ersten Reihe, sondern in der letzten, den ?Hinterbänken? des Hessischen Landtages. Der Metzger-Clan und alle seine Seeheimer oder Netzwerk Kumpanen müssen sich darüber im Klaren sein. Ihre politischen Wunschträume sind nur dank der ?Kommunisten und DDR-Nostalgikern? in Erfüllung gegangen. Günther Metzger sagt, für seine Schwiegertochter sei die Weigerung, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten, eine Gewissensentscheidung. Ihr Vater sei Sozialdemokrat in Berlin gewesen und habe unter Lebensgefahr den Zwangszusammenschluss von KPD und SPD zur SED abgelehnt. Soweit Günter Metzger.

    Was würde der wohl sagen, wenn er wüste, dass seine Tochter dank der Kommunisten politische Karriere gemacht hat. Günter Metzger, der Schwiegervater, schwadronierte auch nach den natürlich heftigen Reaktionen auf die Entscheidung der Dagmar Metzger über die politische Kultur im SPD-Bezirk Südhessen. Die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger, seine Schwiegertochter, sei einem ?Psychoterror? der Partei ausgesetzt. Er sagte dem Radiosender Hitradio FFH weiter: ?Ich kenne den Bezirk Hessen-Süd der SPD und weiß, was ich von diesem Bezirk zu halten habe. (...) Und ich weiß, dass da mit Psychoterror gearbeitet wird. Im SPD-Bezirk Hessen Süd herrsche ?eine linke Mafia?. Er vergaß allerdings zu sagen, dass gerade er es war, der eine durchaus hoch entwickelte, funktionierende Streitkultur in den 80er und 90er Jahren zerstörte und durch ein System der Seilschaften, Denunziation und Intrigantentum ersetzte. Der von ihm gegründete Seeheimer Kreis, eine Ansammlung rechter, wirtschaftsliberaler SPD-Parteimitglieder ist das Paradebeispiel einer solchen, die Partei zerstörenden mafiösen Struktur.

    Aber das zu erkennen, soweit reicht der politische Verstand nicht. Nein, man ist felsenfest davon überzeugt, das Richtige getan zu haben. Das Gewissen ließ keine andere Wahl. Alle politischen Ziel, mit denen auch Frau Metzger für ihre Wahl im Wahlkreis 50 geworben hat, sind damit hinfällig. Aber wie sagte der Herr Glenz, ihr Parteifreund so schön: ?Glaubwürdigkeit sei in der Politik ein hohes Gut?. Nein, sie soll bei ihrer Gewissensentscheidung bleiben. Es ist falsch, sie deswegen unter Druck zu setzen. Konsequenz wären jetzt von den Mitgliedern der SPD im Wahlkreis 50 gefordert, die eine andere Politik wie die der Frau Metzger wollten. Die nicht für die Person, sondern für die Partei und ihre politischen Ziele in Hessen gestimmt haben. Wer jetzt noch in dieser Partei bleibt, unterstützt Frau Metzger bei dem Vorhaben, einen Politikwechsel in Hessen zu verhindern. Wer diese Machenschaften in der SPD nicht will, der sollte ihr das Parteibuch vor die Füße knallen. Sollen die Seeheimer und Netzwerker doch ihren Kram alleine machen. Bei der nächsten Wahl, und die kommt gewiss, sollte man auch sein Gewissen befragen. Vielleicht kommt man ja auch zu dem Schluss, aus Gewissensgründen die Zusammenarbeit mit einer solchen Partei und all den anderen die lügen, betrügen und den Wählerwillen missachten, nicht mehr zu unterstützen. Gewissensentscheidungen stehen hoch im Kurs und können einen auf die Titelseiten der BILD und anderer solcher seriöser Zeitungen bringen. Man muss ja nicht immer die kleinen Kinder totschlagen, um in die Zeitung zu kommen, manchmal reicht eine Gewissensentscheidung auch schon. Hauptsache sie wird vorher PR-mäßig vom eigenen Clan gut vorbereitet.

    Aber allen Metzgers und sonstigen Spezialdemokraten ins Stammbuch geschrieben: Das ist ein Pyrrhussieg. Ihr habt der Partei so geschadet, davon wird sie sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht erholen. Da hilft auch nicht der Hinweis auf die lange und leidvolle Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Sie hat jeden Versuch, sie von außen zu zerstören, überstanden, mit Schrammen und Narben zwar, aber immer mit Anstand. Aber der jetzige Angriff kommt von innen. Es ist wie mit einem Baum. Die Rinde schützt den Baum vor zerstörerischen Kräften von außen. Wenn sich aber Parasiten im Inneren des Baumes eingenistet haben, ist es bald aus mit ihm. Dabei hätte man, etwas politische Intelligenz vorausgesetzt, die Sache viel eleganter lösen können. Von wegen Gewissen, so ein Schmarrn. Lasst die Ypsilanti doch verhandeln. In Sicherheit wiegen. Man äußert hier und da Bedenken, hat Magengrimmen, warnt vor Gesichtsverlust, aber man ist, wie Jürgen Walter loyal. Dann kommt der Tag der Wahl. 1 oder 2 Stimmen fehlen auf einmal. Die Empörung im Ypsilanti-Lager ist groß. Die Medien überschlagen sich. Parallelen zu Schleswig-Holstein werden gezogen. Die Bundespartei betreibt Schadensbegrenzung. Ja es ist nicht gut, so ein Verhalten, aber, es ist eben nicht jeder in Hessen mit der Tolerierung durch die ?Linken? einverstanden. Frau Metzger könnte, wenn sie den das Zeug zur politischen Märtyrerin hätte, ja ihre Gewissensnot zu diesem Zeitpunkt offenbaren. Aber das wollte der Schwiegerpapa wohl doch nicht. Eine Mitgliedschaft im Landtag ist da doch attraktiver.

    Frau Ypsilanti gibt entweder freiwillig auf, oder sie muss in die Fußstapfen von Frau Simonis treten. Aber dafür ist sie zu clever. Also schmeißt sie den Bettel hin und geht zu UNICEF-Deutschland. Kurt Beck weint dieser, wie er dann sagen wird, aufrechten, guten und überzeugten Sozialdemokratin noch 2 oder 3 Tränen nach. Er moniert noch einmal den schlechten Stil in Hessen und wendet sich dann den wichtigen Dingen des Lebens zu, seinen Umfragewerten. In Hessen tagen die Parteigremien ohne Ende. Eine Sondierung folgt der nächsten. Herr Westerwelle wird in Wiesbaden gesehen. Jürgen Walter trifft sich mit Jörg Uwe Hahn, dem Landesvorsitzenden der FDP. Jürgen Walter trifft sich mit führenden Grünen Politikerinnen. FR und FAZ, aber auch Herr Donges vom Echo sind immer im Bilde. Die Ampel wird in Erwägung gezogen. Die Medien in der Bundesrepublik schreiben und senden sie herbei. Die Solidarität der Demokraten wird eingefordert. Dann der Durchbruch. SPD, FDP und Grüne bilden eine Koalitionsregierung. Ministerpräsident wird Jürgen Walter. Die Republik steht Kopf. FDP Hahn wird Wirtschaftsminister, die Grünen Frau Schulz-Asche wird Bildungsministerin, Tarek Al-Wazir bleibt frustriert Fraktionsvorsitzender und geht dann nach Berlin als Nachfolger von Reinhard Bütikofer. Frau Metzger kommt in den Petitionsausschuss. Die Bäume wachsen ja nicht in den Himmel. Das Los aller Newcomer.

    Günter Metzger hat mal wieder sein Ziel erreicht. Die Seeheimer haben ihre Politikfähigkeit ein weiteres Mal unter Beweis gestellt. Der Mitgliederschwund der Partei hält sich in Grenzen. In ein, zwei Jahren redet keiner mehr über diesen geschickten Schachzug. Die Medienmeute hat längst eine andere Sache am Wickel und ist weiter gezogen. Es kehrt wieder Ruhe in Mühltal, dem Wohnort von Günter M., ein.

    Ach so, ehe ich es vergesse. Roland Koch ist jetzt Verteidigungsminister. Sein Mohr in Berlin hat seine Schuldigkeit getan, er konnte gehen. Der schreibt jetzt ein Buch mit dem Titel:?Seit ?diesmal- 6.45 Uhr wurde zurückgeschossen und keinen hat es interessiert.?

    Ja, so hätte es gehen können. Aber die Seeheimer, die Metzgers und die Netzwerker haben es gründlich vermasselt.

  • A
    Andre

    Hallo Herr Christian Bartel,

    tolle Darstellung - die Wahrheit eben.

     

    Viele Grüße

    Andre

    SPD-Mitglied)