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Die schönsten deutschen Schwänz- und Freistunden-Cafés aller Zeiten (Teil 1)

Vor kurzem hat die Wahrheit die Wahrheit-Leser aufgefordert, die Namen ihrer liebsten Schwänz- und Freistunden-Cafés einzusenden. Herausgekommen ist eine beeindruckende Liste mit den schönsten deutschen S&F-Cafés.

Café des Arts in Moers. Wenn ich keine Lust auf das Adolfinum hatte - und ich hatte sehr oft keine Lust auf mein hornaltes Gymnasium -, dann verschwand ich in der Moerser Altstadt. Dort lag das Café des Arts, in dem schon morgens alles herumlümmelte, was keinem anständigen Gewerbe nachging: frühstückende Discobetreiber, schwänzende Schüler oder langhaarige Bonvivants, die glaubten, im marmorglatten Café des Arts wäre das Pariser Leben zuhause. Zuhause war dort aber eher die große Langeweile, die stets die dümmsten Ideen hervorbrachte. So wurde das Café des Arts zur besten Schule des Lebens.

Café Kelber in Fritzlar. Ich hatte einen dicken Freund namens Vize, der so hieß, weil er mal stellvertretender Klassenbuchführer war. Vize starb leider kurz nach dem Abi. Er war der lustigste Mensch der Welt - eine Mischung aus Roberto Benigni und Fats Domino. Als im Fernsehen damals Marty Feldman und die Monty Pythons auftraten, führten wir beide morgens im Bus die Sketche für die Mitschüler auf. Und selbst die Busfahrer, ja eigentlich die natürlichen Feinde des Schülerpacks, waren angetan - und zwar so sehr, dass sie in ihren Ruhestunden in unser Café Kelber kamen und um eine Wiederholung baten, weil sie sich während der Fahrt leider nicht so hätten konzentrieren können. REINHARD UMBACH

Tante Emma in Evinghausen. Die Waldorfschule Evinghausen liegt auf dem Land, an Schwänz-Cafés gibt es also keine große Auswahl. Da ist nur das Tante Emma, eine alte Gastwirtschaft mit mürrischer Wirtin. Praktisch für die Lehrer: Wenn Schüler fehlen, brauchen sie nur dort anzurufen. Das ist bereits vorgekommen. VALERIE GRUSON

Ricks Café in Münster. Es liegt an der Aegidiistraße - hier kann man gleich mal die Aussprache am Straßennamen üben - genau in der Mitte zwischen Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium, wo ich circa 1978 eingeschult wurde, und dem Gymnasium Paulinum. Das Ricks war und ist auf unaufgeregte Weise amerikanisch eingerichtet, schön eng zum Näherkommen und sehr gemütlich. ROLAND TAUBER

Café Ellenberger in Wattenscheid. Es imponierte durch unfreundliche Damen in schwarzen Kostümen mit gestärkten Schürzen, die mit großen weißen Schleifen am Hinterteil versehen waren. An einer solchen Schleife zu ziehen galt als revolutionär, wurde aber mit lebenslangem Lokalverbot geahndet. JOST MANDERBACH

Café Frechdax in Böblingen am unteren See. Es war eigentlich ein schnöder, moderner Glaskasten und viel zu teuer für uns Schüler. Saßen wir dort frühmorgens, war sicher: Wer reinkommt oder vorbeiläuft, der schwänzt selber, Schule oder Arbeit! Und der See nebendran gab einem die Sicherheit, schnell abtauchen zu können, falls unerhofft ein Lehrer auftauchen sollte. BENJAMIN SPIELER

Cafe Puschkin in Leipzig. Dort traf man immer jemanden, oder man war der Erste und wurde vom Rest der Seminargruppe gefunden. Besonders toll fand ich das Künstlerfrühstück, bestehend aus einem Croissant, einer Tasse Kaffee und einer einzelnen, im Eierbecher servierten Zigarette - da durfte man ja noch quarzen. MICHAEL PANZER

Die Bahnhofskneipe im Bahnhof Essen-Süd. Dort war das Bier mit 55 Pfennigen am preiswertesten und jede halbe Stunde konnte ich den dampflokbespannten Zug nach Hause nehmen. Nach dem Abi hieß das S&F-Café dann Hörsaal E - weil die Pädagogische Akademie in einem kaiserlichen Schulgebäude nur über vier Hörsäle verfügte, A-D. Die Kneipe Am Eck wurde logischerweise zum Hörsaal E. THOMAS SCHERFFING

Piano in Hannover-Linden. Dieser Unterschlupf war aber bei weitem weniger langweilig als sein Name. Wir wurden meistens von einem grauhaarigen und -bärtigen sowie überaus verständigen Kellner bedient, der seinen Traum vom subkulturellen Durchbruch nie ganz ausgeträumt hat. Außerdem waren meine Schwänzgefährtinnen seine Töchter, die aufgrund einer hippen Namensgebung von allen nur "Henry und Charly" gerufen wurden. Und der Café au lait war lecker! BIANCA BERGER

Das CC in Nidda. CC stand damals in den Siebzigern und Achtzigern für Central Café. Direkt am Marktplatz hatte man immer einen schönen Blick auf das Alltagsgetummel. Es war ein langer, breiter Schlauch mit vielen Ecken und Nischen und einer etwas höher gelegenen Mittelplattform. Das Ambiente war halbschattig. BERND GRAULICH

Café 19 in Castrop-Rauxel. Das Besondere war, dass das Café von ungefähr sechs bis acht alleinstehenden Frauen mit unklaren familiären Verhältnissen betrieben wurde und jeden Abend pünktlich um 19 Uhr schloss. Es kostete mich übrigens schlappe zwei Jahre, bis ich den Bezug des Namens zum Lokalschluss bemerkte. MAX KOZLOWSKI

Café Digger in Düsseldorf. In dem Altstadt-Café war es auch morgens um zehn schön schummerig, es gab leckeren und für Schülerinnengeldbeutel erschwinglichen Kaffee und Kakao, gute Musik, Billard und Flipper, hin und wieder süßliche Schwaden - kurzum, alles was das Schulschwänzerinnenherz in der blauen Stunde heiß begehrt! REGINA GROSSEFESTE

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