die wahrheit: Hör mir auf mit den Kollegen
Wir hatten neulich an dieser Stelle über die hinterlistige irische Telefongesellschaft Eircom gesprochen. Mein Katastrophenbericht war...
Wir hatten neulich an dieser Stelle über die hinterlistige irische Telefongesellschaft Eircom gesprochen. Mein Katastrophenbericht war voreilig. Es handelte sich nur um das Vorspiel. Auf die Gefahr hin, dass die Fortsetzung niemanden interessiert - irgend jemandem muss ich es erzählen.
Nach vier Wochen Totalausfall von Telefon und Internet, wodurch ich täglich zu schlechter Musik im Internetcafé verurteilt war, funktionierte plötzlich alles wieder. Die Freude währte keine Woche. Am vorvergangenen Montag gab das Telefon keinen Ton mehr von sich. Wenigstens funktionierte die Internet-Leitung noch. Die mir bereits bestens bekannte Computerstimme des Störungsdienstes versicherte wieder, dass innerhalb von vier Tagen alles gut werde. Tatsächlich tauchten vier Tage später zwei Eircom-Herren auf. Statt sich an die Reparatur zu machen, lästerten sie über meine Telefonanlage, als ob ich sie selbst installiert hätte. Mein Einwand, dass ihre Kollegen für den Kabelsalat verantwortlich seien, quittierten die Herren mit einem verächtlichen "Hör mir bloß auf mit den Kollegen".
Die hatten, so erklärten sie mir, meine Telefonleitung gesplittet, so dass darüber nun auch das Internet laufe. So etwas könne ja nicht funktionieren. Hat es aber jahrelang, wandte ich ein, aber die Herren ließen das nicht gelten: "Die ganze Anlage hätte jeden Moment zusammenbrechen können." Das sei sie ja nun auch, meinte ich und ermunterte die beiden Klotzköpfe, den Schaden zu beheben. Völlig unmöglich, bedauerten sie: Für die Verteilerbox, in der meine Leitung gesplittet sei, gebe es schon lange keine Ersatzteile mehr. Aber man habe einen Teilerfolg erzielt: Mein Internet sei einsatzbereit. Das war es auch zuvor, meinte ich. Was sei mit dem Telefon? Das müsse endgültig abgeschaltet werden. Eine neue Leitung sei vonnöten, doch dazu müsse man die Straße aufreißen und einen Graben durch den Garten ziehen. Dann würde ich zwei nagelneue Telefonsteckdosen an der Eingangstür bekommen. Dort nützen sie mir nichts, da der Computer oben im Büro stehe. Das sei ja wohl mein Problem, meinten die Herren. Ein Kollege werde mir demnächst alles erläutern.
Der hatte leider schlechte Laune, als er drei Tage später auftauchte. Meine Frage, ob er gegen die losen Kabel, die wie ein Mikadospiel aus der Wand ragten, etwas unternehmen könne, beantwortete er mit einer Gegenfrage: "Wieso? Ich war das nicht." Nein, es waren die Kollegen. "Hör mir auf mit den Kollegen", winkte er ab. Offenbar herrscht bei Eircom eine kollegiale Atmosphäre. Außerdem müsse er jetzt zum Lunch, er habe seit dem Frühstück nichts gegessen. Und nach dem Lunch? "Dann habe ich Feierabend."
Er würde zurückkommen, wenn der Graben gezogen sei - von den Kollegen. Die riefen mich eine Woche später auf dem Handy an, als ich unterwegs war. Man habe die Straße aufgerissen und einen breiten Graben durch den Vorgarten gezogen, nun könne das Kabel verlegt werden. Wann ich denn zu Hause sein werde? Ich wohne doch in Nummer 148, oder? Nicht ganz, korrigierte ich, es sei die Nummer 128.
Die Nachbarn in Nummer 148 haben in ihrem umgegrabenen Garten inzwischen Kartoffeln angepflanzt.
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