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die wahrheitSchwabinger Krawall: Das verdoppelte Rad

Herr Reithofer versteht, was sein von seinem Großvater ererbtes Fahrrad angeht, keinen Spaß. Deshalb benutzt er zur Diebstahlsicherung eine ...

Herr Reithofer versteht, was sein von seinem Großvater ererbtes Fahrrad angeht, keinen Spaß. Deshalb benutzt er zur Diebstahlsicherung eine schwere Kette und ein Vorhängeschloss, das ebenfalls seit Generationen seine Dienste tut. Wie er am Sonntagabend nach dem Frühschoppen sein Rad erklimmen wollte, war dieses durch einen gewaltigen Achter im Vorderrad unbrauchbar und Herr Reithofer außer sich. Also hat er ins Wirtshaus hineingebrüllt, man müsse auf der Stelle die Funkstreife alarmieren.

Der Stammtischbruder Kellermann hat das Rad betrachtet und festgestellt, das sei eigentlich kein Achter mehr, sondern ein Sechzehner. Da werde die Polizei nicht viel machen können als blöd daherreden und ihre übliche Gschaftelhuberei veranstalten, die bloß darauf hinauslaufe, dass Steuergeld beim Fenster hinausgeschmissen und er, Herr Reithofer, mit Formularen zugeschissen werde.

Herrn Reithofer ist eingefallen, dass im Keller noch ein Vorderrad von seinem Urgroßvater liegt, das sich ohne weiteres herrichten lassen würde. Also ist er heimgegangen, die ganze Woche mit der Trambahn ins Amt gefahren, hat am Samstag das alte Vorderrad aus dem Keller geholt und aufgepumpt, aber beim 52. Pumpstoß haben sich Mantel und Schlauch mit einem Knall in eine Staubwolke aufgelöst. Erzürnt ist Herr Reithofer mit dem Vorderrad in ein Fahrradgeschäft und hat gesagt, er wolle einen Mantel und einen Schlauch erwerben, die länger halten als das Inflationsgelumpe, das man seinem Urgroßvater angedreht habe. Der Verkäufer hat gemeint, das könne er vergessen, weil es ihm jeden Schlauch, den er auf diesen vorsintflutlichen Rostschrott spanne, sofort zerreiße.

So hat Herr Reithofer schweren Herzens ein neues Vorderrad erworben, ist damit zum Wirtshaus marschiert und hat festgestellt, dass sein beschädigtes Erbrad nicht mehr da war. Diesmal, hat er gesagt, reiche es ihm endgültig, ist mit dem Taxi in den Augustinergarten gefahren, hat sich drei Maß gekauft und hinterher noch zwei. Dann hat er vor dem Biergarten sein Fahrrad stehen gesehen, abgesperrt mit einem lächerlichen Zahlenschloss, aber mit intaktem Vorderrad. Herr Reithofer hat das Rad und sein neues Vorderrad heimgetragen, das Zahlenschloss mit der Zange entfernt und ist am nächsten Morgen für den Notfall mit dem neuen Vorderrad unter dem Arm zum Frühschoppen geradelt, wo er zu seinem Entsetzen gesehen hat, dass dort sein Rad noch einmal gestanden ist, abgesperrt und ebenfalls mit intaktem Vorderrad.

Wie ihm Herr Kellermann erklärt hat, es handle sich um ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk, hat keiner der versammelten Stammtischbrüder verstanden, wieso Herr Reithofer erst weiß geworden ist, dann rot, dann hinausgestürmt, das Vorderrad von einem wildfremden Rad mit Tritten und Sprüngen vollständig demoliert und hinterher sofort wieder repariert und dann gesagt hat, er müsse in den Augustinergarten, beim strömenden Regen mit dem Rad losgefahren ist und dabei hysterisch gelacht und gebrüllt hat, sie könnten ihn alle am Arsch lecken. Deshalb hat man schließlich beschlossen, dies als einen etwas merkwürdigen Ausbruch spontaner Freude zu deuten.

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