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die wahrheitDer schwarze Sohn Gottes

Barack Obama wird neuer Präsident der USA - und die Welt wird endgültig ogaga.

Bis in den Himmel hinein reichen die Erwartungen der Anhänger Barack Obamas an seine Lichtgestalt. Bild: ap

Wohl jeder, der nicht in den letzten zweieinhalb Monaten gestorben ist, erinnert sich mit freudigen Augen, wie am 4. November 2008 der Erdball kopfstand. Ein acht Jahre lang gedemütigtes Universum atmete damals auf. Die Menschheit schien neu auf die Welt gekommen zu sein, und selbst die Tiere schienen von einem Ohr zum anderen zu lächeln, als die Siegesmeldung aus dem Fernsehen quoll und auch den letzten Zweifel ersäufte: Barack Obama wird nach den Nummern 1 bis 43 der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, das heißt: von Nordamerika, und zwar von dessen kleineren, südlichen Hälfte! Als erster Schwarzer weltweit hält er die Zügel des mächtigsten Staatsschiffes in seiner Hand, in seiner wie er selber schwarzen Hand!

Und es trug sich dazumal ein erstes Wunder zu in den USA, denn auch der Himmel war schwarz in dieser Nacht. Ein zweites aber begab sich im irischen Dorf Moneygall, wo die zahlreichen Pubs schon am frühen Morgen ihren Zapfhahn auftaten wie durch Zauberhand und jeder offenen Kehle ein schwarzes Ale ausschenkten. Von Moneygall aus war nämlich 1850 Obamas Urururgroßvater Fulmuth Kearney, damals noch als Weißer, nach Amerika gerudert. Und ein drittes Wunder geschah in Kenia, in Kogelo, wo Barack Obamas Vater unter der Erde liegt: Jung und Alt tanzte auf den Dächern, vom Schnaps verstärkte Jubelgesänge und Freudengebete erschollen rund um die Uhr, und ein mächtiges Rind wurde geschlachtet, das später wunderbarerweise lebend im Stall wiedergefunden wurde, während der einzige Feind, den die Obamafamilie im Dorf hatte, nie mehr gesehen wurde.

Die ganze, in vielen Farben schillernde Menschheit war im Siegesrausch! Wahrlich, ein Traum hatte Füße bekommen und war wirklich geworden, ein Held wie aus dem Märchen war geboren, und er hieß Barack Ogaga … - pardon: Obama.

John F. Kennedy, Abraham Lincoln, Jesus - mit allen großen Gestalten der USA wurde Barack Obama schon verglichen. Doch ob er wie Kennedy die Schweinebucht anzünden und das Zerknüllen von ein paar Millionen Vietnamesen in die Wege leiten wird, steht dahin, wo der Pfeffer blüht; nicht jeder hat die neben einem breit ausgemessenen Lächeln nötige kriminelle Energie im Oberstübchen. Ob er wie Lincoln lediglich für die US-amerikanische Geschichte von Wert sein und für den Rest der Welt kein Gramm Bedeutung haben wird, steckt ebenfalls bis zum Rand voller Zweifel. Erhofft wird ja das pralle Gegenteil, soll Obama doch neben den USA das ganze, schiefgewickelte Universum retten.

Hier kommt nun Jesus I. ins Spiel: Auch Obama hat so viel Charisma, dass seine Anhänger jahrhundertelang davon leben können. Barack Obama: Er ist die "neue Lichtgestalt, die sich gewaschen hat" (Neue Zürcher Zeitung), gilt als "der Schwarze Prinz" (Antoine de Saint-Exupéry) und darf als "Patron und Nothelfer aller Menschen, Frauen und Kinder" (Papst Ratzinger) voll um Beistand angezwitschert werden. Er ist der Erlöser und Weltenretter, der die ins Eiern geratene Wirtschaft geraderücken, das aufgepeitschte Klima auf Normalflamme herunterkurbeln und ab dem 20. Januar 2009, dem Tag seiner Erhöhung in den USA zum Weltherrscher, nur noch gerechte Kriege in den Mund nehmen wird.

Er wird die Schwarzen dieser Welt an die Tische der Macht holen und täglich zwölf Armen die Füße waschen. Er wird die Beschimpften und Zerknitterten vom Aussatz heilen und die Stummen sehen machen. Fürwahr: Er ist der Heiland und Wundertäter, der über Gras gehen kann und mit seiner Zauberhand nicht länger antike Fische oder modernste Finanzderivate vermehrt, sondern den Glauben der Menschheit an sich sowie an die Amerikaner!

Damit steht ab nächsten Dienstag das Paradies auf der Tagesordnung! Es kommet gewiss, denn nichts und niemand kann Gottes schwarzen Sohn aufhalten, wie nichts und niemand ihn aufhalten konnte seit seiner Fleischwerdung im Jahre 1961, zu einer Zeit, da Schwarze in den USA nicht einmal öffentliche Schulen benutzen durften und in den Restaurants vom Boden essen mussten. Schon in der Wiege aber begann der 44. Präsident der USA jenen Kampf um Emanzipation, Selbstständigkeit und trockene Windeln, der ihm am Ende das wichtigste Amt im Universum einbringen sollte, das des Messias.

Ein Messias kann mehr, als möglich ist. Obama bewies das schon in ganz kleinen Jahren. Wer Augen hat zu hören, der höre! Einst hatte der Präsident aus Schlamm einen Spatzen gebastelt. Da kam ein böser Bube und zertrat ihn mit seinen blanken Schuhen. Klein-Barack aber zwinkerte mit den Augen, sodass der Spatz wieder heil ward, und nach einem zweiten Zwinkern putzte der sein Gefieder, piepste artig "danke schön" und flog davon. Doch siehe, eines Tages kehrte der Vogel zurück: Barack Obama schenkte ihn den vor Enthusiasmus überschwappendsten unter seinen Anhängern, und die haben ihn noch heute.

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5 Kommentare

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  • M
    manfred (57)

    Prima! Herrlich! Wunderbar! Vielen Dank, sie alter Ketzer.

  • N
    Nolo

    @ götz und finnegan:

    nicht zu ernst nehmen, das ganze; war doch ein ironischer artikel

  • IN
    Ihr NameGötz

    Vergleich mit Jesu I. finde ich sehr befremdlich. Immer noch ist Obama ein Mensch mit Grenzen und Schwächen, und gewiß nicht der Erlöser der Welt wie Jesus. Das hat Gott seinem Sohn vorenthalten.

  • G
    Gerlach

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Sehr bemüht sarkastisch. Das Deutsch holpert und ist stellenweise falsch: "von Nordamerika, und zwar von dessen kleineren, südlichen Hälfte!" muss heißen:

    von Nordamerika, und zwar von dessen kleinerer, südlicher Hälfte!

    Hat mir nicht gefallen.

  • F
    finnegan

    ich glaube nicht das er der messias ist. er ist nur einer von vielen vorboten. wenn du willst ein engel. ohne ironie