piwik no script img

die wahrheit©toms neue rupie

Am vergangenen Montag war ich mit drei Indern verabredet. Warum wir italienisch essen gingen und warum ich im nächsten Jahr nach Indien reise, tut an dieser Stelle nichts zur Sache...

... Jedenfalls hielten mich die Inder im Laufe des Abends eindeutig für wahnsinnig, denn sie wurden irgendwann noch freundlicher, als sie ohnehin schon waren.

Ich hatte versucht, den drei Orientalen zu erklären, welcher beruflichen Tätigkeit ich nachgehe. Also berichtete ich von der Wahrheit und den Autoren und Zeichnern, mit denen ich gemeinsam das alltägliche Geschehen in satirischer Form für eine Tageszeitung aufbereite. Die Inder verstanden nur Bahnhof.

Ein Beispiel musste her, am besten ein indisches. In der vergangenen Woche, erzählte ich den drei aufmerksam zuhörenden Herren, sei die Nachricht gekommen, dass die indische Regierung ein Symbol für die Rupie suche. Wie das $ für Dollar und das € für Euro solle bei einem öffentlichen Wettbewerb ein Zeichen für die Rupie entwickelt werden. Dem Gewinner würden als Preis 250.000 Rupien, also umgerechnet 3.840 Euro, winken. Die wollte ich haben.

Die drei Inder nickten und sahen sich verstohlen an, als ich weiter erzählte, dass ich unseren Zeichner ©Tom gefragt hatte, ob ihm etwas zu dem Thema einfalle. Üblicherweise würde ich mit Autoren und Zeichnern Ideen absprechen, die dann in Texte oder Karikaturen einflössen. Dass allerdings schon ©Tom mit der Idee, das neue Rupien-Symbol zu zeichnen, nicht allzu viel anfangen konnte, unterschlug ich besser. Ich wollte die Sache mit der Satire nicht unnötig komplizieren. ©Tom macht ja zum Glück jeden Schwachsinn mit.

Die Inder wurden immer ratloser und höflicher - erst recht, als ich den wahrscheinlich größten Fehler des Abends machte und ihnen die Zeichnung zeigte: das wunderschön geschwungene und von einem Turban gekrönte Zeichen. Die 250.000 Rupien seien uns quasi schon sicher, behauptete ich.

Die Inder flüsterten jetzt nur noch leise in ihrem Heimatdialekt miteinander, was ich lieber ignorierte. Schließlich verabschiedeten sie sich und versicherten mir, dass sie sich sehr auf das nächste Jahr freuen würden, wenn ich sie in Indien besuchen sollte. Zum Abschied ließen sie sich sogar dazu hinreißen, mich zu umarmen, was für Inder, die immer um Distanz bemüht sind, äußerst ungewöhnlich ist. Es muss Mitleid gewesen sein, denn dann drehte sich einer von ihnen noch einmal um und fragte mich vorsichtig: "And you really work for a newspaper?"

Ich behellige ja gern ©Tom und andere Wahrheit-Mitarbeiter mit abstrusen Ideen, die zum Glück nicht alle das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Dass ich aber arme unschuldige Inder belästigt habe, tut mir leid. Hoffentlich wird es eines Tages beim Jüngsten Satire-Gericht nicht gegen mich verwandt. Es kann ja nicht jede Idee funktionieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!