die wahrheit: Ostereier der Liebe
Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Der Tantenlook wird Mode.
Mon cher journal intime …
Montag, 30. 3. 2009
Oh Mann, oh Mann, langsam wird es eng. Eigentlich wollte ich mit Nici mal über die Osterfeiertage sprechen, ob Maman nun kommt oder seine Mutter mitsamt seiner Cousins und was nun mit den Eiern ist. Nici möchte gern die Eier ausschließlich in Rot, Weiß und Blau einfärben und sich dann bei der Suche vom Fernsehen filmen lassen. Ich finde aber, Eier müssen bunt sein. Also, die an Ostern. Und ich will auch nicht bei allem, was wir privat tun, an die Wähler denken müssen. Deswegen lehne ich es auch ab, dass die Kinder Ostern einen Dreiteiler tragen. Aber wir kommen zu nichts, im Moment. Alles dreht sich um den Nato-Gipfel und das G-20-Treffen, am Donnerstag. Wer wann wo den ersten Handschlag macht und was zu tun ist, wenn Obama alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich mit nach London reise. Ich habe ehrlich gesagt, nicht viel Lust dazu. Gegen die Landung von Mama Obama im Königreich habe ich eh keine Chance.
Montag, 30. 3., 15.10 Uhr
Obama-Mama hat angerufen. Die Gärtnerin der Herzen hat angefragt, ob sie nach dem Straßburg-Termin noch herkommen soll, ein Gemüsebeet anzulegen. Die Resonanz in Amerika sei super gewesen, das Volk habe mit viel Sympathie reagiert. Na, ich weiß nicht. Das ist zwar ganz nett von ihr, aber ich bin mir nicht sicher, ob das das Richtige für mich ist. So zu tun, als sei ich an Gemüseanbau interessiert. Zumal, wenn da nicht ein schnuckeliger Gärtner den Spaten sticht. Das nimmt mir doch eh keiner ab.
Dienstag, 31. 3. 2009
Also, ich habe mich entschieden. Ich bleibe hier und komme erst in Straßburg dazu. Das ist ganz gut, dann habe ich auch endlich Zeit, Aureliens Mathelehrer anzurufen. Das arme Kind kommt hinten und vorn nicht mit. Genetisch kann das nicht bedingt sein - bis zur Mittelstufe war ich recht gut in Mathe und schließlich ist Nici nicht sein Erzeuger.
Donnerstag, 2. 4. 2009
Obama-Mama ist gelandet. Die Engländer sind total aus dem Häuschen. Dabei trägt sie eine völlig misslungene Peppermint-Glitzer-Kombi. Und: Sie hat die Königin getätschelt. Das hätte ich mal machen sollen! Da hätte mir mein Dior-Trutschen-Kostüm auch nichts mehr genützt. Die hätten mich zerrissen, diese englischen Bulldoggen. Aber so eine lassen sie damit durch. Die Frau des Messias. Amerikas kleines Friedenstäubchen. Etwas lang geröstet, allerdings.
Ich bin es noch mal. Ich schäme mich so. Ich bin eine gemeine, böse, kleine, hinterhältige Frau. Ich weiß auch nicht, warum, aber immer wenn ich mich wie jetzt klein und elend fühle, verliere ich die Haltung und werde böse. Und eben rassistisch. Es ist total niedrig von mir, meine Aggressionen gegen Michele mit Bösartigkeiten zu würzen, die sich auf ihren Ursprung (den aus dem Busch) und ihre Hautfarbe beziehen. Das tut man nicht. Vor allem nicht, wenn man wie ich eine Internationalistin ist. Oder es sein möchte. Es würde vollkommen reichen, wenn ich sage, sie sieht immer aus wie Wurst in Pelle. Und hat einen fetten Arsch. Also im Vergleich mit meinen süßen Apfelpopo. Und trägt toupiert. Toupiert! Wo leben wir denn? Tür an Tür mit Doris Day? Also, fett, out of time, Pferdegebiss. Das würde doch reichen. Aber nein, ich muss wieder sehr fies werden und auf etwas abzielen, für das sie ja nun wahrlich nichts kann, die Arme.
Am Abend
Morgen geht es los. Die große Nato-Sause. Ehrlich gesagt, ich bin tatsächlich etwas aufgeregt. Nicht wegen den Obamas, eher wegen des ganzen Brimbamboriums.
Samstag, 4. 4. 2009
Meine Güte, liebes Tagebuch, das war eine Aufregung! Also selbst für mich, die ja schon im Dunstkreis von so manchem Mover & Shaker von Vibrationen erfüllt wurde. Aber das gestern war doch noch ein anderes Paar Schuhe. Zumal ich gar nicht wie früher stoned war. So ein Gläschen Champus auf dem Weg zum Termin ist ja weit davon entfernt, einen Rausch auszulösen. Hier die Highlights, aufgeteilt in Ohs und Buhs. Zuerst die Ohs: Es gab ganz viele Carla-Carla!-Rufe. Das war super.
Jetzt die Buhs: Bei Michele wurde leider lauter geschrien als bei mir. Nici hat sich wieder nicht unter Kontrolle gehabt und ganz schlimm an Barack herumgefummelt und ihm den Zeigefinger in die Brust gebohrt. Das läuft auch im Netz. Sehr peinlich. Black Beauty und seine Frau hatten mir eine Gibson mitgebracht. Wunderschön. Wir hatten für die beiden nur ein Baguette, das man als Anspitzer benutzen kann. Auch peinlich.
Weil ich keine Lust hatte, mit den anderen Schranzen zum Damengipfel gekarrt zu werden, wie frustrierte Hausfrauen zur Tupper-Party, habe ich für Michele und mich einen Extrawagen geordert. Natürlich wollten ein paar der anderen First Ladys auch mitfahren. Ich hab einfach gesagt, "Schon voll!", und die Tür zugemacht. Später hat keine mehr mit mir geredet. Wegen der Krise konnte ich wieder keine Farbe zeigen und musste in Depri-Grau antreten. Und Schluppe tragen, wegen des Anstandes. Da Obama-Mama auch mit Züchtigkeitsschläppchen ankam, bleibt zu befürchten, der Tantenlook wird jetzt Mode. Mir bleibt aber auch wirklich nichts erspart.
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