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die wahrheitOscar für Fische

Neues aus der Welt des Films. Frische Preise für bisher Ungepriesenes.

Wer kennt das nicht: Da steht man mitten in der Nacht aus schweren Träumen auf, um die Oscar-Verleihung live mitzuerleben - und dann ist diese faszinierende Veranstaltung schon nach kurzweiligen siebeneinhalb Stunden einfach vorbei und die endlose Warterei aufs nächste Jahr beginnt! Und was als besonders bedrückende Erinnerung bleibt, ist die Enttäuschung über diejenigen in der großen Kinohalle, die leider keinen Oscar abbekommen haben. Warum, so fragt sich da nicht nur der überzeugte Cineast, sollte man nicht auch andere am Zustandekommen des Films beteiligte Personen mit einem Preis bedenken als nur die üblichen Verdächtigen? Könnte man diese Art von Preisverleihungen denn nicht wenigstens ein wenig in die Länge ziehen, wenn doch so viele leer ausgehen?

Und das betrifft beileibe nicht nur den Oscar! Auch den Grimme-Preis, das Bambi, die Biennale, Cannes - sie alle schreien doch förmlich nach mehr Spannung und Auszeichnungsbreite. Könnten zum Beispiel die Berliner Filmfestspiele nicht auch einen Bären für den besten unfreiwilligen Tierstimmenimitator gut gebrauchen? Favoriten in jedem Jahr wären allerdings Jürgen Vogel und Dietmar Bär. Und wo bleibt die Auszeichnung für die unauffälligste Nebenrolle in einem Infrarotdokumentarfilm? Wo die lobende Erwähnung für die überzeugendste Mülltonne in einer "Warten auf Godot"-Aufführung?

Seit auf den Filmfestspielen immerhin schon ganze Lebenswerke von Filmschaffenden gewürdigt werden, lässt man im Rausch der Sparsamkeit nur Schauspielerinnen und Regisseure dankbar in die Runde winken. Aber niemand denkt etwa an das Lebenswerk der ungezählten Caterer, die seit Jahrzehnten Pizzen und Hamburger, Kaffeetabletts und Bierkästen an den Set geschleift haben, um die verzweifelten Akteure über den Tag zu retten. Hätte der "englische Patient" ohne sie denn überlebt? Vermutlich nicht einmal das Team.

Was gleichfalls unbedingt in eine zeitgemäße Preispräsentation gehörte, wäre ein spezielle Ehrung derer, die das Publikum auf besonders glamouröse Weise mit ihrer Einzigartigkeit verwöhnen: die Ausgezeichneten mit ihren Dankesreden! Wäre es nicht an der Zeit, bei jeder Verleihung auch noch einmal die schönste Dankesrede aus dem Vorjahr zu prämieren? Sollten die nicht eh schon so kindlich überraschten Kate Winslets und Heike Makatschs der Filmwelt abermals die Gelegenheit erhalten, die süße Wucht ihrer Ergriffenheit in fehlenden Worten auszudrücken? So wie es auch schon bei der ersten Oscar-Feier im Jahr 1929 war, als der legendäre Buster Keaton für seine Rolle in "Der General" als pfeifende Lokomotive verkleidet über die Bühne dampfte. Preisverleihungen könnten eben noch um vieles schöner sein, als sie jetzt schon sind und den Zuschauer erfreuen.

Bei den Oberhausener Kurzfilmtagen hat man zuletzt diese neuen Wege ansatzweise schon beschritten, als man in der Rubrik "besonders kurze Kurzfilme" auch solche Streifen auszeichnete, die im verfrühten Laufenlassen der Kamera ihren gedanklichen Höhepunkt hatten. Wie man hört, soll diesmal auch die "Galerie der ungedrehten Filme" ins offizielle Beiprogramm mit aufgenommen werden. Dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack: der "unbelichtete Beleuchter" wird wohl ebenso wenig berücksichtigt werden wie der "Drehbuchautor ohne Manuskript". Beide werden weiterhin zu den vergessenen Spezies im Verleihungsreigen zählen. Ebenso wie vermutlich der "treue Kinogänger" selbst, der sich die Filme schließlich nur deshalb angeschaut hat, um bei den Preisverleihungen eine Ahnung zu bekommen, worum es in den Filmen ging und die Filmschauspieler in ihrer ganzen unverbrauchten Natürlichkeit zu erleben.

Wie uns überhaupt die Natürlichkeit erst wieder einen unverstellten Blick auf das ganze Genre werfen ließe: etwa durch einen Spezial-Oscar für den "besten Fisch der Filmgeschichte". Denn im Gegensatz zum "Alten Mann und dem Meer" (1958 für die Filmmusik), zum "Fisch namens Wanda" (1989 für Kevin Kline als Nebenrollmops) gingen sowohl "Moby Dick" und "Ein Goldfisch an der Leine" seinerzeit leer aus. Und für "Vom Winde verweht" wäre ja wohl neben den zehn anderen Oscars der elfte für "besonders gelungenes Windmachen" auch im Nachhinein noch überfällig.

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