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die wahrheitNeues aus Neuseeland: Eskimobonbon beleidigt Inuit

Wer so alt ist wie ich, erinnert sich sicher noch an einen guten Freund aller Kindergeburtstage. Meist gab es ihn im Rahmen eines Wettessens, die Arme hinterm Rücken ...

... Im Begleitprogramm: klebrigbraune Nase und spätere Übelkeit. In Teenager-Jahren erstand man ihn dann in einem Brötchen zerdrückt am Kiosk. Negerkuss hieß der Geselle. Oh, oh, welch ein böses Wort - übertroffen nur noch von der flämischen Bezeichnung "Negerinnentette". Tetten, für die Nichtflamen unter uns, ist ein derber Ausdruck für Brüste. Aber er klingt nur halb so dumm und obszön wie "Super Dickmanns", was ja allein orthografisch eine Zumutung ist. Ach ja, gute alte Zeiten.

Das Umtaufen des Back- und Schaumwerks in "Schokokuss" fand vor langer Zeit statt. Auch wenn der politisch korrekte Name nicht ganz den erwünschten Widerhall im deutschen Sprachgebrauch fand: Generationen nach mir bleibt erspart, sich beim Kindergeburtstag auf rassistische Weise am Süßkram zu versündigen.

Kiwi-Kinder dagegen haben es schwerer, ideologisch sauber zu bleiben. Statt Schokoküssen umfasst das neuseeländische Süßigkeitensortiment eine Spezies namens "Eskimos". Das sind daumengroße Figuren aus Marshmallow-Masse, schwer zu kauen und blass in der Farbe, aber bei den Kleinen sehr beliebt. Sie sehen aus wie etwas zu korpulente Miniaturmumien. Doch die ägyptische Assoziation trügt: Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich hier um einen Eisschollenbewohner oder Robbenjäger, unschwer zu erkennen an dicker Kapuze, Jacke und Stiefeln.

Jahrzehntelang vollzog sich der "Eskimo"-Verzehr unbemerkt von der Öffentlichkeit. Tütchen um Tütchen verschwanden in gierigen Kindermündern. Bis im April Seeka Lee Veevee Parsons aus Kanada der Südhalbkugel einen Besuch abstattete. Im Supermarkt blieb ihr die Spucke weg. Die 21-Jährige löste den größten Rassismusalarm aus, der Neuseeland dieses Jahr erschüttert hat. "Eskimo"-Naschwerk sei beleidigend für ihr Volk, die Inuit, beklagte die Touristin sich auf allen Kanälen und beim Hersteller Pascall. Nur wer keine Ahnung von den Problemen der indigenen Bevölkerung Kanadas habe, könne so unsensibel mit dem Abbild ihrer Vorfahren umgehen. "Eskimo" wurde lange als abfälliger Begriff für die Ureinwohner des Nordens benutzt. Er bedeutet "Rohes-Fleisch-Fresser".

Der Eskimo-Eklat brachte Aotearoa in Wallung. Bikulturell hin, Maori her - aber bei der Liebe zu der Schlecker-Ikone hörte das Verständnis für fremde Ethnien auf. Nicht nur lehnte der Hersteller höflich ab, den Namen zu ändern. Im Radio, in Leserbriefen und im Internet wurde die Inuk erbarmungslos niedergemacht. Hunderte von Einträgen mussten gelöscht werden, weil sie beleidigend waren.

Es kommt noch schlimmer. Was, wenn ein Indianer - hallo, neues Wort gesucht! - vor dem Supermarktregal in Auckland steht? Dann wird er nämlich auf eine Kaubonbonsorte namens "Red Skins" stoßen. Rothäute - au weia! Die Rache Manitus ist den Kiwis sicher.

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2 Kommentare

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  • J
    joerg

    Was haben wir gelacht! Endlich mal alle bösen Wörter sagen: Neger, Mohrenkopf und Rothaut, mal so richtig politisch unkorrekt sein dürfen. Toll, diese mutigen Tabubrüche. Das hätten sich die humorlosen muffigen taz-Redakteure früher niemals getraut. Weiter solch originellen und genialen Texte gespickt mit frechen Rechtschreibfehlern. Es ist unglaublich befreiend, aaaah.

  • R
    reblek

    "Tütchen um Tütchen verschwanden in gierigen Kindermündern." Wohl eher: verschwand.