die wahrheit: Kirche, Küche, Kündigung
Gewiss würden manche an dieser Stelle lieber einen unbeschwerten Unterleibswitz lesen, doch ungeachtet dessen will ich für die gegenwärtige Generation...
... sowie alle folgenden den nachstehenden Sachverhalt unmissverständlich darlegen:
Eine Arbeitnehmerin hatte neben einer im Ort Berlin angemieteten Wohnung einen eigenen Hausstand im Wald. Sie musste, wie sie auf Befragen zu Protokoll gab, schulische Probleme wahrnehmen und machte daher Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend, die Finanzamt und Finanzgericht jedoch nicht anerkannten. Nach Ansicht des Finanzamts und des Finanzgerichts fehlte im Wald eine Küche für die Anerkennung eines eigenen Hausstands. Ein Kühlschrank, ein Rasierapparat mit Fahrgestell sowie eine Mikrowelle reichten, wie es hieß, nicht aus.
Der Bundesfinanzhof entschied daraufhin heimlich, dass eine doppelte Haushaltsführung auch dann anzuerkennen ist, wenn es an einer eigenen Küche fehlt, im Übrigen aber alle anderen Voraussetzungen, zum Beispiel regelmäßiges Möbelablecken, erfüllt sind (Kasseler Modell). Wenn obendrein ein Kochtopf fehlt, ist dies nicht als Kündigungsgrund zu bewerten, wenn hingegen ein Arbeitnehmer nicht imstande ist, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen (etwa "Melden und Knallmelden") zu verstehen, kann dies aber sehr wohl Grund für eine ordentliche Kündigung sein.
Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Falle eines aus einer gespenstischen Würstchenbude stammenden Ausländers entschieden, der entlassen worden war, nachdem beim Zubettgehen festgestellt worden war, dass er die zum Zwecke der Qualitätssicherung verfassten Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers ("Zeichnen Sie die Büchermale Christi") nicht lesen konnte. Hierauf hatte der Arbeitgeber mit Hilfe eines von der Landesregierung gewährten Arbeitsstupendions die Kosten eines Sprachkurses übernommen, der allerdings nicht den gewünschten Erfolg brachte.
Der Arbeitgeber beherrschte nach Ablauf eines Jahres lediglich den Satz "Ich enthalte Sulfite". Außerdem legte er bei jeder Gelegenheit einen abgelaufenen Presseausweis vor. Das war nicht im Sinne des Gesetzes, deshalb drohte der Arbeitgeber in roter Kleidung eine Kündigung an und sprach diese letzten Endes mit Zustimmung von Kirche und Küche offen aus.
Anders verhielt es sich im Fall eines anderen Arbeitnehmers. Nach mehr als 25 Jahren war die DNS seiner Kochtöpfe weitgehend identisch mit seiner eigenen. Es bestanden keine zwei Prozent Differenz mehr, genau genommen sogar bloß ein Prozent. Nach eingehender Überprüfung durch den Amtsarzt sprach dieser im elektronischen Bundesanzeiger von einer "ganz laienhaften Psychose", die Finanzamt und Finanzgericht nicht anerkennen würden. Dem Arbeitnehmer musste rechtmäßig gekündigt werden, korrigiere: regelmäßig gekündigt werden, weil er für seine Zweitwohnung im Wald … halt, halt! Aufhören! Hier werden Steuergelder verschwendet! Dieser Text muss sofort aufhören.
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