die wahrheit: Der Problembiber
Wie dem nassen Nager hoffentlich beizukommen ist. Der Biber ist in jüngerer Zeit als gemeingefährlicher Deichzerwühler in Verruf geraten.
Nach dem glimpflich verlaufenen Oderhochwasser im Frühjahr wurden seine zerstörerischen Aktivitäten angeprangert. So wurde bekannt, dass sich die verantwortungslosen Nager in 77 Fällen bis zu 90 Zentimeter in den Oderdeich eingegraben hatten, was eigentlich nicht besonders tief ist, da ein ausgewachsener Biber bis zu einem Meter lang werden kann.
Katastrophenschützer berichteten entsetzt, dass in einer einzigen Biberhöhle im Deich bis zu 2.500 Sandsäcke Platz fanden! Kein Wunder, dass hinter dem Deich Stimmen laut wurden, die den Abschuss der Problembiber forderten. Das dürfte allerdings ein größeres Gemetzel werden, da das Brandenburgische Landesumweltamt schätzt, dass die Biberbande 270 bis 300 Mitglieder hat.
Doch Umweltministerin Anita Tack will die Übeltäter glücklicherweise wieder in die Deichgesellschaft integrieren: "Der Biber ist nicht dumm", sagte die Ministerin und belegte dies mit der Erkenntnis, dass Biber bei Bejagung mit höherer Fruchtbarkeit reagieren. "Wir setzen auf Konfliktvermeidung. Das werden wir dem Biber beibringen", fügte die Ministerin hinzu.
Ein löbliches Vorhaben, aber wie soll das geschehen? Wie kann eine erfolgreiche Biberpädagogik aussehen? Aus der Literatur sind eine "Häschenschule" und auch Wal- und Delphinschulen bekannt, aber eine Biberschule fehlt noch in der Tierwelt. Galt doch der Biber bisher als bildungsfern und eher handwerklich orientiert. Trotz seiner erstaunlichen Bauleistungen bei Biberburgen, strahlt seine Intelligenz nicht gerade im hellsten Licht: Gruppenarbeit lehnt er ab, und seine Baumfällaktionen gehen nicht ohne Beulen und eigene Verluste ab. Immerhin lassen die Biber von stark angenagten Bäumen ab und warten darauf, dass der Wind sie vollends fällt. Tierlebenkenner Brehm berichtet, dass die kleinen Augen des Tieres ziemlich blöde aussehen, doch Gefühl spricht er dem plumpen Pelzwesen nicht ab.
Wie könnte eine Biberschule aussehen, die den Nager vom Deichzerwühlen abhält? Da der Jungbiber den elterlichen Bau bereits nach zwei Jahren verlässt, kommt nur ein zweijähriges Schulmodell in Frage: eine solide Grundschulausbildung, die dem Nager nachdrücklich vermittelt, dass es keinen Grund gibt, einen fremden Deich zu durchlöchern. Im Werk- und Philosophieunterricht müsste man an sein Ehrgefühl als Deichbauer appellieren und ihn lehren - ähnlich wie beim Ehrenkodex unter Sprayern -, das Werk eines Kollegen zu respektieren.
Ein weiterer Grundpfeiler der Erziehung im Ethikunterricht könnte Hauptmanns sozialkritischer "Biberpelz" sein, der den jungen Eleven klar machen sollte, was man mit unbefugten Deichzerstörern anstellt im Oderbruch! Doch bei aller Wertschätzung vom Arbeitslehreunterricht, Werken, Nagen und Tierkunde, am wirksamsten ist immer noch ein gezielt eingesetzter Musikunterricht: Mit der Beschallung von Deichkind ("Der Biber nervt!") wird auch der hartgesottenste Biber mürbe und wird den Deich fluchtartig verlassen, wenn der Deichwart am Oderbruch seinen mobilen Ghettoblaster aufdreht!
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