die wahrheit: Es hat sich ausgepornot
Das literarische Sommerrätsel der Wahrheit. Die verhinderte Auflösung.
Am heutigen Freitag ist der Einsendeschluss für das literarische Sommerrätsel der Wahrheit, das wir am Samstag vor zwei Wochen unter dem Titel "Shakespeares Porno" auf der Seite hatten (Die Wahrheit v. 24. 7. 2010). Eigentlich müssten wir also mit der Auflösung bis morgen warten. Aber seit Tagen stehen wir vor dem leeren Postfach und schütteln den Kopf. Nicht ein Leser hat eine Postkarte oder Mail mit der Rätsellösung eingeschickt! Nichts. Nada. Niente.
War das Rätsel zu schwer? Sind alle Rätsel-Cracks im Urlaub? Oder hat die Glutsonne den armen Wahrheit-Lesern das Hirn weggebrannt? Jedenfalls stehen jetzt wir vor einem Rätsel. Denn so schwierig kam uns die Aufgabe gar nicht vor. Es ging um die Geschichte eines Pornoromans, den der Wahrheit-Redakteur 1978 im Pariser Antiquariat "Shakespeare & Company" gefunden hatte. Geschrieben hatte ihn ein mittlerweile bekannter Schriftsteller in den Sechzigerjahren. Nun sollte der Titel des längst vergriffenen obszönen Machwerks erraten werden. Dafür hatte der Schriftsteller, dessen Namen wir jedoch verheimlichen sollten, ein Rätselgedicht verfasst: "Der kleine englische Tod ereilte / Sidney in der dunklen Hitze, / als ein gekürzter Abkömmling / ohne Schläfer nachtaktiv zwischen sechs und acht Uhr / o. N. ohne ohne war." Jede Zeile ergibt ein Wort, und wer nur ein wenig Erfahrung mit dem samstäglichen Rätsel "Wahrhaftig und Verborgen" hat, hätte auf die Lösung kommen können, die aus fünf Worten besteht.
Aber dann soll es eben nicht sein. Auch gut. Nun werden wir nicht nur den Namen des Dichters, sondern auch den Buchtitel im Dunkeln bleiben lassen. Denn die Mühe nehmen wir den Wahrheit-Lesern nicht ab. Sollen doch spätere Generationen von Germanisten das Rätsel lösen und den wahren Hintergrund der Geschichte aufklären.
Dafür werden wir uns genüsslich den nicht vergebenen Preis zu Gemüte führen: eine Flasche Brandy aus dem Hause "Grand Duque d'Alba", in Wahrheit-Kreisen auch als "die große Ente" bekannt. Wage jetzt bloß keiner zu behaupten, das wäre von Anfang an unser Plan gewesen: den Wahrheit-Lesern ein Riesenrätsel aufgeben, das sie nicht lösen können, um schließlich den vom Redaktionsetat bezahlten edlen Tropfen selbst zu verköstigen. So ist es selbstverständlich nicht!
Wenn sich die Wahrheit-Redakteure heute Abend Schluck für Schluck der großen Ente hingeben, werden sie sich ganz ernsthaft ihre Gedanken über die Wahrheit-Leser machen: Mögen sie das Einsendedatum Freitag, der Dreizehnte, nicht? Waren sie zu denkfaul? Oder wollen sie überhaupt gar keinen köstlichen "Grand Duque d'Alba" gewinnen? Rätsel über Rätsel …
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