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die wahrheitEs werde Fisch

Katholische Kirche. Neues Konzept zur Bekämpfung des Hungers in der Welt. Kirchliche Speisevorschriften werden laxer ausgelegt.

Für die katholische Kirche gehen Schwein und Fisch künftig eine äußerst nutzbringende Verbindung ein. Bild: dpa

Religion ist eine feine Sache - wenn sie ideologisch und handwerklich gut gemacht ist. Allerdings sollte jeder Gläubige spätestens dann ins Grübeln über seine Religion kommen, wenn sie einem beispielsweise verbietet, an Tagen, die mehr als zwei Vokale oder drei f im Namen haben, hochkant im Wok gebratenes Hammelfleisch zu trinken. Einzige Ausnahme: Man denkt dabei an ein Nilpferd, die Zahl sieben, die Farbe blau, oder draußen ist es kälter als 10 Grad.

Derlei Gebote mögen auf den ersten Blick ein wenig willkürlich wirken, sind aber im psychotischen Gedankengut der religiösen Parallelwelt alles andere als vom Tisch zu fegen. Doch was sich die katholische Kirche als neuesten Volksnähe vorgaukelnden Streich ausgeheckt hat, ist ausnahmsweise etwas wirklich Sinnvolles.

Um dem Hunger in der Welt ein Schnippchen zu schlagen, gedenkt der Vatikan nämlich, die seinen Schäfchen auferlegten Benimmregeln, wenn schon nicht aufzulockern, so doch zumindest in ihren Grundfesten etwas laxer auszulegen.

Die Tradition freitags kein Fleisch, wohl aber Fisch zu essen, ist ja bekanntlich auf das vermeintlich historische Karfreitagstreiben zurückzuführen. Doch gerade an jenem wochenendnahen Tag ist der Hunger oftmals ganz besonders groß, da meist eine anstrengende und arbeitsreiche Woche hinter einem liegt.

"Aus diesem Grund", weiß der Ernährungsbeauftragte des Vatikans, Kurienkardinal Piller, zu berichten "wollen wir den religiösen Menschen etwas Erleichterung bringen, ohne sie in ihrem Glauben zu reglementieren oder allzu sehr zu gängeln, und beabsichtigen, künftig das Schwein der Gattung Fisch zuzuordnen."

Biologen und Wissenschaftler stehen dementsprechend Kopf, hat doch das Schwein weder Laichgründe, noch rieche es nach Fisch. "Ich weiß sehr wohl, wie Fisch riecht", blockt Piller die Empörung von Biologenseite ab, während er überraschenderweise von seiten der Anglergewerkschaft und deren Zentralorgan Jetzt fange ich selber unverhoffte Unterstützung erfährt.

Dessen Chefredakteur Mosche Meisner erklärt nämlich im Editorial der aktuellen Ausgabe: "Ich habe es schon immer gewusst, dass der Fisch ein Schwein ist. Spätestens seit mir letzten Sommer an der Lahn trotz Aufbietung aller anglerischen Finesse dieser Karpfen nicht anbeißen wollte, die Sau."

Von wissenschaftlicher Seite wiederum wird nun Meisner vorgeworfen, dass es nicht dasselbe sei, ein Schwein zum Fisch zu erklären, wie einen Fisch zum Schwein. "Wenn Jesus ein Fisch war, dann kann er auch ein Schwein sein", erläutert Meisner in der aktuellen Ausgabe seines Blatts und spielte darauf an, dass das Wort ICHTHYS als Akrostichon und Akronym für die Urchristen eine große Bedeutung hatte. Welche Rolle allerdings das griechische Wort für "Schwein" im heutigen Christentum spielen soll und wie es als Abkürzung funktionieren wird, verschwieg Meisner.

Ob aber die Idee der katholischen Kirche überhaupt greift und das freitägliche Mahl der Gläubigen aus ernährungswissenschaftlicher Seite abwechslungsreicher gestaltet, darf zumindest stark bezweifelt werden.

"Warten Sie's ab, wir fahren da eine Doppelstrategie gegen den Hunger in der Welt", betont Kurienkardinal Piller, "und konzentrieren uns vor allem auf Afrika, wo ohnehin viel lieber geschnackselt als gegessen wird. Der Hungernde hat nach Feierabend Besseres zu tun als zu fressen." Eine Überlegung die der modernen Sexualmoral der katholischen Kirche trotz deren veritabler Auflagen entgegenkommen dürfte, denn so könne man den Hunger quasi zweifach durch die Hintertür bekämpfen.

"Wenn der Afrikaner sich ohne Verhütung die ein oder andere tödliche Geschlechtskrankheit zuzieht, bleibt bei den finalen Folgen mehr zu essen für den Rest übrig. Und das bei dem neu erweiterten Fischangebot."

Hier allerdings interveniert die Weltgesundheitsorganisation WHO entschieden. Eine Aufforderung zur wahllosen Promiskuität gerade in HIV-Krisengebieten sei nicht im geringsten mit den Wertvorstellungen der Bibel zu vereinbaren und widerspräche allem, was die Kirche seit Jahrtausenden unter Androhung von Höllenfeuern lehre. "I wo", weiß Piller zu kontern, "wenn jeder Präservative benutzen würde, wer soll denn dann noch Aids bekommen?"

Wahrscheinlich kein Schwein.

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