die wahrheit: Der Kotzklotz
Schurken, die die Welt beherrschafen Wollen: Stefan "Hobel" Mappus.
Wut zerrt an seinem Gesicht. Was haben diese bewaffneten Leute hier … aber bevor er seinen Gedanken fertig spinnen kann, spürt er, wie ein Gummiknüppel auf sein Schädeldach trommelt und das Gehirn verbiegt. Was machen diese uniformierten Kerle hier in seinem … aber da zerfrisst das Pfefferspray bereits seinen Kopf und bohrt sich in seine Lunge. Und was soll dieser überlebensgroße Wasserwerfer ausgerechnet hier in … schon schießt ihm der nackte Wasserstrahl in die Glotzomatik und spült ein glattes Auge weg. Er kracht zu Boden, stürzt tiefer und tiefer, sieht mit halbem Augenlicht einen unterirdischen Hauptbahnhof und …
Mit einem Schrei reißt sich Stefan Mappus aus dem Schlaf und setzt sich auf. Befingert sein Obengesicht. Stellt erleichtert fest, dass beide Augenbatzen drin sind. Tastet sich ab: Sein Körper ist noch da und unbeschädigt. Womit hat er das verdient? Mappus atmet durch. Nacht für Nacht fällt dieser Albtraum über ihn her. Was hat die Polizei in seinem hohen und heiligen Amtssitz verloren? Seit wann darf sie die eigene Regierung vermöbeln? Verkehrte Welt. Die Polizei ist doch für das Volk da!
Und alles wegen Stuttgart 21, dem Tiefbahnhof, für den Mappus seine Stimme ins Feuer legt! Ohne den das schwäbische Bruttosozialprodukt den größten Einbruch seit der Völkerwanderung erleben wird, die baden-württembergische Wirtschaft auf Erbsengröße schrumpft, Deutschland verrostet, Europa abstirbt, der Weltfrieden in Stücke geht, Gott voll im Eimer ist!
Besonders schlimm: Ihm, Mappus, droht ein grüner Ministerpräsident am Horizont! Dabei hatte die CDU seit Menschengedenken ein Abonnement auf Baden-Württemberg. Noch als Mappus sich im Februar zum neuen Inhaber des Landes ausrufen ließ, hing der Himmel für ihn voller Siegerkränze. Doch wenn er jetzt an die nächsten Wahlen denkt, rutscht ihm das Lachen in die Hose.
Dabei hatte er geglaubt, er sei aus dem gleichen Stoff genäht wie das ganze Land! 1966 im 4.000-Schwaben-Dorf Enzberg bei Pforzheim als kleiner Stefan geboren, hatte er als Mappus brav eine Industriekaufmannslehre durchlebt, pflichtbewusst den Wehrdienst verübt, ein Wirtschaftsstudium ordentlich zu Ende gefahren, eine durchaus saubere Vertriebstätigkeit für Siemens in die dicken Finger bekommen und war nie durch bunte Fantasie, blühende Ideale und geistige Gaben störend aufgefallen.
Eigentlich hätte er sich selber nie gebraucht, jeder andere hätte sein Leben genauso führen können. Und das, ohne jemals die Nase aus der eng gehäkelten schwäbischen Heimat herauszustrecken!
Auch als Kind seiner Eltern und Vater zweier Söhne hatte er seine Aufgabe als Zwischenwirt für die nächste Generation abgehakt und könnte getrost … aber nein, die Augen sind wie der ganze Mappus zu aufgedreht und wollen weitergrübeln. Weil er seit seinen Strampelhosen bis an den Rand einverstanden war mit der Welt, wie sie gestrickt ist, musste er einfach konservativ bis in sein breitestes Körperteil werden, ging in die Politik und steckte bald bis über die Schwarte im Speck der Verhältnisse:
Mit 23 übte er zunächst im Gemeinderat Mühlacker, mit 28 bekam er den Kreistag des Enzkreises zu fassen, mit 30 hatte er schon den Landtag am Senkel; und nachdem er bis dahin nur Mitläufer war, wurde er mit 32 zum Zuträger der baden-württembergischen Regierung als Staatssekretär, mit 38 zum Komplizen des damaligen Ministerpräsidenten Teufel als Verkehrsminister und mit 43 selber zum Teufel.
Und alles, ohne je mit einem einzigen Gedanken hervorgestochen zu sein. Stattdessen nutzte der "bullige Typ des bulligen Bullentyps" (taz), nutzte der vierschrötige Klotz bis auf die letzte Stelle hinter dem Komma sein schweres Pfund an Fleiß, Ehrgeiz und Ellenbogen, pflegte Kontakte, knüpfte seine Bande und seilte sich nach oben.
Wer ihm ein Widerwort in den Weg wirft, kriegt die schwarze Karte gezeigt: Dem SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Knapp wollte er per Gerichtsbeschluss den Mund in den Hals stopfen, für die einstige SPD-Oppositionsführerin Ute Vogt rutschte ihm der Wunsch nach einer "finalen Lösung" aus dem Klotzkopf, selbst einem niedlichen Hauptschulrektor, der zum Abriss des dreistufigen Schulsystems riet, wollte er gleich das Lebensrecht als Beamter abdrehen.
Ein Beamter soll nicht seine Meinung aus dem Fenster hängen, sondern tun, wozu ihm der Staat das Leben geschenkt hat. Auch Mappus hat schließlich nur zu tun, was ihm die Wirtschaft in den Mund legt: das "Land für die Zukunft blabla fit machen", um es als "Technologie- und blubberblubber Innovationsstandort", dessen "Rohstoff quackquack die Menschen" sind, "im rhabarberrhabarber Wettbewerb mit quitschquatsch anderen zu schnulliwulli positionieren".
Kunst, Kultur und Wissenschaft wiederum … aber da ist der komplette Stefan Mappus endlich eingeschlafen. Schon bald zerrt Wut an seinem Gesicht. Was …
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass