die wahrheit: Künstlich beatmete Kunst
Vor allem die Alkoholiker unter uns freuen sich über die neuen Orbit-Kaugummis in den Geschmacksrichtungen Piña Colada und Mojito: Die Zeiten ...
... des ängstlichen Fahnenübertünchens durch Pfefferminzatem scheinen endlich vorbei zu sein. Auch Bier- und Kornkaugummis liegen garantiert schon in der Produktentwicklung bei Wrigley Spearmint herum, am liebsten natürlich mit dem stark duftenden Mundgeruch jener preisgünstigen Berliner Biermarke, deren jazzige Radiowerbung überraschenderweise mit "Hartz IV, es ist ein Gefühl, es ist ein Genuss, so schmeckt Berlin!" endet. Sogar Werber lernen eben dazu. Obwohl es eventuell sein könnte, dass der Text für das Bierlied eigentlich anders lautet, und unser prekäres Ohr nur das hört, was es hören will.
Ja und? Andere Menschen gießen sich morgens schließlich auch Bier über die Coco Pops, anstatt von nicht enthornten Kühen freiwillig gegebene Milch, und glauben daran, dass das mit dem Alkoholverbot während der Stillzeit nur eine weitere Anthrolüge ist. Dean Martin zum Beispiel, der Mann, zu dessen Ehren die funkelnden Lichter von Las Vegas kurzzeitig gedimmt wurden, als er 1995 starb.
Das ist übrigens auch eine effektive Methode, um Energie zu sparen, bestimmt fast so nachhaltig wie das Verbot der schönen, warmen 75-Watt-Glühbirnen, und garantiert doppelt so stimmungsvoll. Aber so etwas würde hier in Berlin nie passieren, denn was hätte man schon für Harald Juhnke groß dimmen können: Den Axel-Springer-Schriftzug am Verlagshaus? Das Schultheiß-Brauerei-Logo wäre eindeutig zu geschmacklos gewesen.
John Lennons "lost weekend" jedenfalls, das derzeit wieder in aller Munde ist, weil sich Lennons Todestag gerade zum 30. Mal jährte, bestand bekanntlich aus zwischen 1973 und 1975 angesiedelten 18 Monaten exzessiven Alkoholkonsums mit seiner damaligen Affäre May, die inzwischen 60 Jahre alt ist, Feng-Shui-Schmuckketten an Kunstlederbändern designt und sie für 125 Dollar pro Stück im Internet verkauft.
Wobei Kunstleder sicher nicht zu den fünf Elementen gehört, mit denen Feng-Shui traditionell in Zusammenhang gebracht wird. Außerdem geht es doch dabei angeblich darum, den Spiegel möglichst nicht gegenüber der Tür aufzuhängen, weil man sich sonst immer so erschreckt, wenn man reinkommt, aber apropos Produktentwicklung: Den Mut zur Marktlücke muss man May lassen.
Und wenn man mal eine Start-up-Geldwasch-Idee bräuchte, um Kies vor dem Fiskus in Sicherheit zu bringen, dann müsste man nur einen Juweliershop eröffnen, in dem es ausschließlich Objekte von May Pang, Uschi Obermaier, Jenny Elvers-Elbertzhagen, Barbara Becker und Sandy Meyer-Wölden gibt. Selbst Rafael Horzon könnte so einen Laden nicht mehr retten. Falls doch, installiert man im Nebenraum eben schnell eine Weinhandlung mit schlechten Weinen, die von amerikanischen Regisseuren gekeltert wurden. Und behauptet am Morgen nach der Eröffnungsfeier, die Promille-Brise sei auf ein Rioja-Kaugummi zurückzuführen, genau wie die Verfärbung der Zähne.
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