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die wahrheitDurch Loben nach oben

Warum Mobbing völlig zu Unrecht unterschätzt wird.

Mobbing ist ein Begriff, der leider heutzutage nur noch negativ gebraucht wird. Dabei gibt es durchaus auch die guten Seiten des Mobbings, es muss nur richtig betrieben werden und sich gegen ausgemachte Arschlöcher richten. Wäre Adolf Hitler damals nicht von den Alliierten gemobbt worden, wer weiß, ob er sich selbst gerichtet hätte. Und wäre es nicht besser gewesen, wenn Josef Fritzl rechtzeitig gemobbt worden wäre, anstatt als geachtetes Gemeindemitglied zum Kinderquäler zu werden?

Der deutsche Ausdruck für Mobbing, "Rausekeln", sagt besser als sein englisches Synonym, worum es bei der Sache wirklich geht, nämlich ein Ekel aus einem Kreis herauszubefördern. Jede Hausfrau weiß, dass Mobben auch etwas Reinigendes hat, besonders wenn sie damit den Hausherrn aus ihrem Wirkungskreis in die Kneipe mobbt. Es wäre viel gewonnen, wenn es Pflicht für alle Arbeitgeber wäre, die Stelle eines Mobbingbeauftragten einzurichten, der den Beschäftigten helfen kann, richtig zu mobben. So weit sind wir leider noch lange nicht, doch im Schatten der Aufmerksamkeit des Mobbings ist ein anderes Übel herangewachsen: Das überzogene Loben eines unfähigen Kandidaten, kurz auch Lobing oder auch Schmeicheling genannt.

Die Extremform des Lobings wird in der Fachliteratur als Hochlobing bezeichnet und beschreibt deutlich die verhängnisvollen Folgen für das Lobingopfer. Dieses gerät durch das überzogene Lob in eine Position, die es nicht ausfüllen kann und an der das Opfer letztlich scheitern muss. Die Folgen sind bekannt: Überschätzte Außenminister werden in fremde Länder geschickt, nur damit sie hierzulande nicht in den Wahlkampf eingreifen. Oder ein als gottähnlich überschätzter argentinischer Nationaltrainer kann so lange bleiben, bis seine Mannschaft elegant von einer Jugendmannschaft 4:0 abgefiedelt worden ist.

Doch Lob allein reicht den Hochgelobten am Ende nicht. Ein notorisch überschätzter Banker wie der ehemalige HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher wird sich nie damit abfinden, dass er einfach nur aus den Trümmern seiner zugrunde gerichteten Bank herausgelobt wird. Da muss schon eine millionenschwere Abfindung her. Vier Millionen Lobe in kleinen Scheinen.

Viele der Speichellecker und Nonnenmachergutfinder reden sich später gern damit heraus, dass "sie sich verlobt hätten", wenn sie mit ihrem Lob völlig danebenlagen. Der Begriff "sich verloben" kann nur als Türöffner für Menschen akzeptiert werden, die sonst keinen Fuß in die Schlafzimmertür bekämen - als Bezeichnung für das falsche positive Urteil ist er einfach zu billig. Wo besser unterschätzt wird, wird meistens überschätzt. Oder wie der überschätzte Berliner gerne sagt: "Unterschätzen kann ick mir alleene." Chronisch überschätzt werden dagegen Atomkraft, Talkshows aus Afghanistan, tiefergelegte Bahnhöfe und Freunde bei Facebook. Und wenn heute die Grünen oder Hannover 96 überschätzt und hoch gelobt werden, so werden sie morgen umso tiefer heruntergeschätzt. So ist der Mensch. Ein Beispiel dafür ist Thilo Sarrazin, der früher notorisch unterschätzt wurde, bevor es ihm gelang, völlig überschätzt zu werden!

Auch übertriebenes Mobbing wird gern überschätzt, denn bei allem Mobbing sollte immer mal wieder gelobt werden, weil es ja viel mehr Spaß macht, einen eingebildeten Fatzke herauszuekeln. Das unterschätzte übertriebene Lobing hat für uns alle bei aller Kritik dann doch ein Gutes: Wer hochgelobt wird, kann tief gemobbt werden!

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1 Kommentar

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  • K
    korre

    nicht schlecht die wortspielerei: und am ende kommt es doch immer wieder nur(?) auf den leser an und was "es" mit ihm macht! - ganz entsprechend dem was er ist, glaubt zu sein und wo er hinwill. alles liebe