die wahrheit: Ein Loch in der großen Firewall
Im Jahr des Hasen: In Deutschland ins Internet zu gehen, ist langweilig. Wenn nicht gerade der Rechner brennt oder man bei Youtube das falsche Video angeklickt hat...
... funktionieren alle Seiten. Das ist in China in der Regel nicht anders. Hier braucht man nur ein Virtuelles Privates Network (VPN), dann geht alles - wenn auch meistens nicht so schnell.
Manchmal wird das Surfen aber auch hierzulande zum Abenteuer. Offenbar wegen der seltsamen "Geisterrebellion" (FAZ), die hier seit ein paar Wochen läuft - eine Revolution, zu der außer den westlichen Reportern niemand hingeht -, hatten die Internetzensoren in der vergangenen Woche zwei Ports lahmgelegt. Das Resultat: Mein VPN und das sehr vieler anderer funktionierte nicht mehr. Ich kam also nicht mehr durch die "Great Firewall of China" (GFW). Das heißt: kein Facebook, kein Twitter, kein Youtube, keine Blogspot- oder Wordpressblogs, kaum Pornoseiten und Wikipedia nur ohne Bilder.
So ist es jedenfalls normalerweise. Doch dieses Mal war alles anders. Denn während ich in der Nacht vom 10. auf den 11. März noch ordentlich herumwulackte, um die große Internetmauer wieder zu durchstoßen, stellte ich fest, dass sie ganz offenbar an einigen Stellen zerbröselt war. Youtube funktionierte zum ersten Mal seit dem Frühjahr 2008 wieder ohne VPN, genauso wie Youporn. Auch die ansonsten geblockte, tolle Chinamedien-Seite danwei.org war offen, und selbst die Blogspot-Seiten, auf denen die Geisterrebellen zur Revolution in China bliesen, waren ohne Weiteres zu lesen. Die Seiten bauten sich auch schneller auf und selbst die Videos streamten. Schnell war klar: Die Zensoren hatten beim Rumfummeln am chinesischen Internet irgendwas kaputtgemacht.
Also lehnte ich mich zurück und sah mir zunächst einmal alle Dalai-Lama-Clips der letzten Jahre an, die ich verpasst hatte. Das Dalai-Lama-Interview mit Christiane Amanpour, das "Interview by Canadian press in Canada", das "His Holiness the Dalai Lama - a classic interview", den "Australia Zoo welcome Dalai Lama visit"-Clip und - der absolute Hammer -: "Sharon Stone talks about the Dalai Lama Land Rover on ebay".
Dann wandte ich mich Youporn zu, wo ich mir interessante Dokumentationen wie "Helping family doing porn", "Cat woman begs for it" oder "Japanese coed gets fucked by her professor at home" zu Gemüte führte. Dabei meditierte ich über die Frage, ob die Zensoren diese Seiten vielleicht doch extra freigeschaltet hatten, um die Internetrevolutionäre entweder zu ermüden (Dalai Lama) oder aber abzulenken (Pornos).
Inzwischen neige ich allerdings einer anderen Theorie zu. Weil vom kurzfristigen Zusammenbruch der Great Firewall - am nächsten Tag war alles wieder normal - nichts in den Zeitungen stand und auch nichts im Internet, vermute ich mal, dass man das alles bloß für mich gemacht hat: um mich ein bisschen zu unterhalten. Sollte es so sein, liebe Internetpolizei, sage ich euch an dieser Stelle endlich einmal das, was ich schon länger sagen wollte: Xiexie beziehungsweise vielen Dank.
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