die wahrheit: Der homosexuelle Mann
… liebt das Abenteuer. Selbst in die unwirtlichsten Städte reisen jedes Jahr massenhaft westeuropäische Schwule dem Eurovision Song Contest hinterher.
liebt das Abenteuer. Selbst in die unwirtlichsten Städte reisen jedes Jahr massenhaft westeuropäische Schwule dem Eurovision Song Contest hinterher. Ihre gnadenlose Verehrung für schreiende Frauen auf großer Bühne lässt jede Angst zurücktreten, auch vor Ländern, in denen sie nun wirklich nicht gerne gesehen sind. Ukraine, Serbien, Russland - mit der Osterweiterung des ESC wird die Liste der teilnehmenden Länder immer länger, die Lesben und Schwule fernhalten von jeglichem Menschenrecht.
Mit Aserbaidschans Hauptstadt Baku kommt nun im nächsten Jahr ein besonders harter Brocken hinzu. Selbst die Bundesregierung ist pessimistisch und notiert unter ihren Reisewarnungen für Aserbaidschan: "Homosexualität ist zwar nicht ausdrücklich strafbar, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Polizei ein homosexuelles Paar festsetzt und erst gegen Zahlung eines Geldbetrages wieder auf freien Fuß setzt."
Immer wieder operiert die Regierung in der muslimisch geprägten Exsowjetrepublik mit (homo-)sexueller Denunziation, um gegen Oppositionelle vorzugehen. Einer von ihnen ist Ali Karimli: Ihm werden Kontakte zu islamistischen Terroristen unterstellt, und öffentlich bloßgestellt wird er als ein Mann mit "blauen Augen". In Aserbaidschan ist Blau ein Synonym für Homosexualität.
Noch deutlicher versuchte Bakus Führung im Sommer dieses Jahres zwei regierungskritische Journalisten mit dem Gerücht der Homosexualität in Misskredit zu bringen. Lider TV, der Sender eines Cousins von Staatschef Ilham Alijew, zeigte Videos von Natiq Adilov und Qan Turali, beide masturbierend. Die Bilder waren so montiert, dass man glauben musste, die Männer hätten diesen intimen Moment miteinander geteilt. Gleichzeitig kündigte der Lider-Moderator "Die Stimme der Opposition" an, zu hören war das Stöhnen der beiden.
Heimlich hatte man die Szenen während eines Fortbildungsseminars für Journalisten in einem Hotel in der Kleinstadt Oguz aufgenommen. Andere politisch Verfolgte haben nach ähnlichen Denunziationen das Land verlassen, doch Adilov will bleiben: "Diese Diffamierung bleibt nicht ungestraft, und bekomme ich kein Recht vor einem heimischen Gericht, werde ich den Europäischen Gerichtshof anrufen."
Wäre es jetzt für die Tausenden schwulen Anhänger nicht endlich an der Zeit, im Mai 2012 zu Hause zu bleiben und den ESC-Zirkus allein zu lassen in diesem zutiefst schwulenfeindlichen Land? Schluss mit dem enthusiastischen Fahnenmeer für die Kameras, stattdessen Solidarität mit denen, die noch immer Angst haben müssen vor Verfolgung und Unterdrückung? Der Boykott einer Veranstaltung, die längst kein Hort mehr ist für unschuldiges Entertainment?
Doch die Erinnerung an den ESC 2009 macht keine Hoffnung: Damals suchten Moskaus Schwule die Unterstützung der ESC-Fans und luden zum CSD am Finaltag. Die Demonstration fand nicht statt, russische Aktivisten wurden stattdessen verhaftet und die ausländischen Fans blieben im sicheren Saal.
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