piwik no script img

Archiv-Artikel

die taz vor 8 jahren über die moderne hausfrau und einen dummen haushaltsunfall

Frau K.s Spiegelbild ist zuweilen recht aufdringlich. „Was machst du mit deinem Tag, wenn die Wohnung sauber ist, die Speisekammer wohlgefüllt?“ fragt es und bläht die Taschen unter den Augen. „Ich setze Akzente“, faucht Frau K. „Individuelle Akzente?“ – „Ich habe mir Glasherzchen gekauft, als Farbtupfer für die Zimmerpflanzen.“ „Damit dein Leben nicht mehr trist ist?“ Das Spiegelbild lächelt müde.

Mit flinken gewohnten Bewegungen macht sie sich an die tägliche Geruchsverteilung. Schlechter Geruch für Ameisen, Mücken und Fliegen: Mit zufriedenem Grinsen gießt sie Stinkeöl auf die erschrocken-angewiderte Flüchtlingskolonne der Ameisen, verteilt Antimücken-Teelichter und für die neugierigen Fliegen tödlich glasierte Chemie-Fliegenpilzchen. „Hübsch anzuschauen, rot mit weißen Pünktchen …“, wispert sie.

„Was nun? Was nun?“ echot das Spiegelbild, wann immer sie daran vorbeikommt.

„Ich tue meinem Rasen etwas Gutes“, entscheidet Frau K. erleichtert. Sie geht vor das Haus und schnallt sich Nagelsandalen an die Füße. Vorsichtig knirscht sie über die Veranda, bis sich die Nägel in den saftigen Rasen bohren. Frau K. lächelt auf das Grün, beginnt quer über die Fläche zu stapfen. Sie rollt mit den Augen, hüpft ein wenig, dann wird der Blick entschlossener. Sie stapft und trampelt, trampelt und springt, „eins und zwei, eins und zwei“, ruft Frau K. entgeistert. „In fünfzehn Minuten kommt mein Mann von der Arbeit, in einer halben Stunde die Kinder zu Besuch. Eine halbe Stunde“, spricht sie zu sich. Frau K. trampelt und schwitzt. Eine halbe Stunde. Frau K. sinkt zuckend in sich zusammen. Sie ist mit ihren Nagelsandalen auf das Stromkabel der Gartenlampions getreten.

„Erleben Sie heute, daß das Einkaufen per Katalog so erlebnisreich sein kann wie das Bummeln durch die Metropolen dieser Welt – nur viel, viel bequemer!“

Inspiriert von „Die moderne Hausfrau“, dreihundertseitiger Katalog; taz, 18. 8. 1998