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die stimme der kritikBetr.: Die Wahrheit über die taz-Kantine, das Volk der Khuza und Werner Hansch

Suggestofiktionen

Ist doch so: Es wird immer schwerer, elementare Dinge wie Wahrheit und Fälschung noch auseinanderzuhalten. Auf Schritt und Tritt begleiten uns Fälscher wie Kujau, Kohl, Kunzelmann und Kummer, und immer wieder neue Fälle machen unser Leben zu einer Farce. Leben, wie man sich fühlt? Glauben, was man sieht, hört und liest? Eine zwiespältige Sache. Selbst die sicher zahlreichen LeserInnen und auch die Autoren dieses kleinen Kastens können sich ihrer Stimme der Kritik nicht mehr sicher sein, ist sie doch seit gestern einem einschneidenden Paradigmenwechsel unterworfen worden. Trat doch da unsere Hausmeisterin auf den Plan, um die taz-Mitarbeiter auf die bevorstehenden Unannehmlichkeiten hinsichtlich des dreiwöchigen Kantinen-Umbaus hinzuweisen. Das ist so gar nicht zum Lachen, denn wo bekommen wir jetzt alle unsere Eibrote mit Mayonnaise her? Doch in der Tat auch nicht zum Lachen ist es, wenn die vierte Altbauetage nicht weiß, wohin mit ihren Zigarettenkippen, und diese immer in Papierkörben, Kaffeetassen, unterm Tisch, auf Bücherregalen und sonstwo landen, nur nicht im Aschenbecher. Da hört der Spaß auf, da muss die Stimme der Kritik erhoben werden, da sitzen taz-Redaktion und ihre Leserschaft selbstverständlich in einem Boot.

Vielleicht sogar in einem Boot, mit dem das Volk der Khuza in fernen Zeiten auf dem Baikalsee in Sibirien herumgeschippert ist. Die Khuza sind ein Volk, das der „Völkerkundler“ Klaus Heid mit Hilfe der „suggestofiktiven Methode“ entdeckt und auch den Machern der „Sieben-Hügel“-Ausstellung schmackhaft gemacht hat. Die Khuza stellten sich „die Erde als einen Ring“ vor, und ihr Leben sei vom „Verlust der Mitte traumatisch gekennzeichnet“ gewesen, erfahren wir da nun und können in der Ausstellung ein paar Relikte der Khuza-Kultur sehen, u. a. auch eine Scheibe mit einem Loch. Die fälschungsgeplagte SZ fand nun raus, dass das alles ein ziemlicher Mumpitz ist, und konstatierte konsterniert, dass es anscheinend „auch von ‚Borderlinern‘ konzipierte Ausstellungsvitrinen“ gibt. Da hat es sich also ausgehügelt, und da verstehen wir dann auch unseren „Ran“-Spezi und Medienphilosophen Werner Hansch, der bei Fußballübertragungen immer warnt: Glauben Sie nicht alles, was Sie hier sehen. GERRIT BARTELS

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