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die stimme der kritikBetr.: Chinaböller und Chinanauten

Ein Raumfluggerät namens „Magisches Schiff“

In den letzten vier Wochen hat sich Aufsehenerregendes auf der anderen Erdhalbkugel zugetragen: China hat ein Raumschiff in die Umlaufbahn gebracht. Ein entzückendes Raumfluggerät mit dem neidisch machenden Namen „Magisches Schiff“. Boah. Wie verzweifelt klingt dagegen „Challenger“, wie albern-pathetisch „Pioneer“, wie niedlich-harmlos „Sputnik“, wie einfallslos und regengrau „International Space Station“. Als ob man ein Gedicht einfach „Gedicht“ nennen würde oder einen Song einfach „Song“.

Es kommt aber noch toller: „Langer Marsch“ heißt die Trägerrakete, die das „Magische Schiff“ in die Umlaufbahn gebracht hat. Ohhhh. Und wen schicken die Chinesen an Bord? Einen Affen, einen Hasen, einen Hund, ein paar Schnecken und ein paar Fruchtfliegen. Wobei nicht klar gesagt wurde, ob die Fruchtfliegen sich nach dem Start aus dem Hasenfutter entwickelt haben oder in ihren eigenen kleinen Raumanzügen als legale Passagiere mitfliegen durften. Wenn das mal nicht nach der alten, magischen chinesischen Horoskop-Tafel ausgewählt wurde . . . Wahrscheinlich sind Hasen, Affen, Ratten und Fruchtfliegen die Sternzeichen mit dem stärksten Forschungsdrang. Interessant auch, wie Chinas Presse die Besatzung verschleierte. Zuerst gab es gar keine Angaben, dann war von einer Besatzung aus „chinesischen Schildkröten und anderen kleinen Tieren, z. B. Mikroben“, die Rede.

Man kann sich richtig vorstellen, wie das jetzt aussieht im All: Stille. Flackernde Abermillionen Sterne. Schwarze Löcher. Supernovä. Ein solide gebauter europäischer Wettersatellit kommt von links ins Bild, wirft kurz einen besorgten Blick auf Tief „Heidi“ und fliegt gleichmäßig davon. Eine amerikanische Raumfähre nähert sich. Aus den Luken grimassieren Kaugummi kauende, weizenfeldblonde Männer. Sie winken der langsam von rechts ins Bild hineindölmernden „Mir“ zu, die aussieht und scheppert wie eine verrostete Nähmaschinenabdeckung aus der Anfangszeit der industriellen Revolution.

Doch dann: Alle Blicke richten sich auf das mit kleinen Lampions und Papierdrachen geschmückte weiße Etwas, das plötzlich aus Richtung Morgenland majestätisch herbeischwebt. Durch die erkerartigen Fenster sieht man 17 chinesische Schildkröten ruhig bei ihren schwerelosen morgendlichen Tai-Chi-Übungen. Ein Stockwerk höher wird Tee serviert: Wo würde wohl der zukünftige All-Gast lieber mitfahren? Die USA werden sich ganz schön umgucken müssen. JENNI ZYLKA

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