piwik no script img

die sachsen kommenBERLIN WIRDSELBSTBEWUSST

Mit der gestrigen Einweihung der Landesvertretung des Freistaates Sachsen bekommt die Hauptstadt endlich das, was ihr noch zu ihrem Glück gefehlt hat: Selbstbewusstsein! Über kein anderes Völkchen in Deutschland wurde und wird so viel und gerne gelacht wie über die Sachsen, wenn sie des Hochdeutschen nicht mächtig sind. Doch statt die Köppe einzuziehen und eine ihnen fremde Sprache nachzuäffen, sind sie überall die Ersten und reißen die Gusche auf.

Grund dazu haben sie allemal. Ob August der Starke, Johann Sebastian Bach, Erich Kästner, Karl May oder Adam Riese – die Liste sächsischer Persönlichkeiten ist lang. Ganz zu schweigen von gebürtigen Sachsen wie Heiner Müller, Herbert Wehner oder dem Berliner Milljöh-Zeichner Heinrich Zille, deren Ursprungsidiom nur gelegentlich bei entsprechendem Alkoholgenuss durchkam. Es kratzt das sächsische Selbstbewusstsein nicht die Bohne, dass die jüngste Errungenschaft berühmter Persönlichkeiten – Regina Zindler mit ihrem Maschendrahtzahn – eine Knallerbse ist. Immerhin weiß jetzt die gesamte Republik, wo Auerbach liegt.

Doch das reicht den Sachsen noch lange nicht. Nachdem sie in der Haupstadt drin sind, wollen sie auch ins Internet. Zeitgleich zur gestrigen Eröffnung der Landesvertretung teilte eine Multimediaagentur mit, dass der Freistaat Sachsen bei seinen Internet-Aktivitäten anderen Bundesländern den Rang ablaufe. „Der aktuelle Relaunch“ besteche unter anderem durch „komfortable Suchfunktionen“, hieß es. Doch die Probe aufs Exempel fiel negativ aus. Bei dem Begriff „Maschendrahtzaun“ kamen null Ergebnisse. Vielleicht liegt es aber nur daran, dass die Suchmaschine eine „exakte Schreibweise“ fordert. Und die wäre dann wohl eher „Moschendrooahdzaun“. Doch der Sachse hat auch dann noch einen flotten Spruch auf den Lippen, wenn was schief läuft: Gobf hooch, och wenn dor Hals dregsch is, sagt er dann. Ein Satz, der wie die Faust aufs Auge für die Hauptstadt passt. BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA (AUS SACHSEN, WO DIE SCHÖNEN MÄDCHEN AUF DEN BÄUMEN WACHSEN)

meldung SEITE 20

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen