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Archiv-Artikel

die hand des don michele von WIGLAF DROSTE

Gegen den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sind diverse Verfahren anhängig. In der Sprache des Polizeiberichts heißt er deshalb Silvio B. – das klingt nach dem Brandenburger Skinhead, als der sich Silvio B. letzte Woche in Straßburg auch gebärdete. Der Delinquent, zur Bewährung für ein halbes Jahr zum EU-Ratspräsidenten gemacht, pöbelte zum Amtsantritt den Parlamentarier Martin Schulz an, er solle in einem Film über Nazi-Konzentrationslager die Rolle eines Aufsehers übernehmen.

Der grobschlächtige und langweilige Ausfall Silvio B.s ist ein Eingeständnis: Silvio B. kennt seine eigene Gesinnung und versucht, sie anderen unterzuschieben. Dabei leistet er unfreiwillig gemeinnützige Arbeit: Dem Lied, das ich gemeinsam mit dem Spardosenterzett über ein von der Ölpfütze Silvio B. verpestetes Paradies Italien schrieb, verhilft Silvio B. zum Radioeinsatz – grazie! Im Refrain ergeht ein klares Urteil: Basta, Berlusconi! No pasta per te! Wenn man Silvio B. schon nicht die Macht entreißen kann, so soll man ihm wenigstens die Nudel nehmen. Bisher gelang es Silvio B. noch in jedem Verfahren gegen ihn, bestehende Gesetze rechtzeitig zu seinen Gunsten zu ändern – der gerade für einen Italiener extrem demütigende Nudelentzug aber sollte durchgesetzt werden.

Der sich mit Lob und Hudel

ölt – nehmt ihm die Nudel!

Basta, basta, basta:

Nehmt dem Kerl die Pasta!

Prego, prego, prego:

Knüllt dem Mann das Ego!

Dabei beeilt euch, schneller!

Dann ist Italia wieder: bella.

Doch Silvio B. ist nicht allein. Sein Tourismusstaatssekretär Stefano Stefani von der Lega Nord drosch munter weiter ins vorgekerbte Material und mutmaßte beim Sozialdemokraten Schulz schwere Erziehungsmängel: „… dieser Martin Schulz, der wahrscheinlich mit dröhnenden Rülpswettbewerben nach Bier- und Fressgelagen mit frittierten Kartoffeln aufgewachsen ist …“ Wenn ein herrenmenschelnder Komplexeträger und Sechsachtelfaschist sich zum Knigge aufwirft, zeigt sich die Festung Europa erfreulich rissig. Es ist völlig in Ordnung, die Deutschen oder wen immer zu beschimpfen – nur undumpf, präzise, treffsicher oder Käpt’n-Haddock-haft sinnlos, vor allem aber lustig es schon sein.

Ach, wenn man nicht alles selber macht. Kann zwischen Italienern und Deutschen dennoch alles wieder gut werden? Ja. Ein Vermittler muss her, und für diese Rolle gibt es keine bessere Besetzung als Michel F., der soeben öffentlich um „eine zweite Chance“ bat. Michel F. bringt alle Voraussetzungen mit, um Silvio B. zu zähmen: Er hat die Höchststrafe – Bärbel Schäfer lebenslänglich – weggesteckt wie ein Mann. Er kennt sich im kriminellen Milieu aus, er ist mediengewieft, und er verfügt über einen Kommunikationsstil, der als panzerbrechende Waffe eingesetzt werden kann. Vor allem sieht der gefallene Ölprinz Michel F. so strizzig aus, wie das der Gangster Silvio B. bei allem Bemühen nicht hinkriegt. Geht Michel F. als Parlamentär gen Italien, dann wird sehr bald Silvio B. die Hand eines neuen Don küssen: die Hand des Don Michele.