die anderen:
Die Rheinische Post aus Düsseldorf meint zum U-Boot-Unglück in Russland: 116 Menschen mussten auch deshalb sterben, weil das Weltbild der russsischen Strategen so alt und marode ist wie ihre Flotte. Ein frühes Hilfeersuchen an den Westen hätte die Überlebenschancen zumindest einiger Eingeschlossener erhöht. Nun lautet eine der Diagnosen: Tod durch Altes Denken. Der Untergang der „Kursk“ wirft ein Schlaglicht auf die verheerenden Zustände in einer Armee, die ihren Auftrag ohne Geld, Ersatzteile und Training erfüllen muss.
Der Südkurier aus Konstanz schreibt: In diesen Tagen zeigt die Obrigkeit das Gesicht der alten Sowjetunion und nicht das des neuen Russland: Es wird vertröstet und vertuscht, gewartet und gelogen – und alles auf Kosten der eigenen Bürger. Damit mündet eine menschliche Tragödie in einem politischen Desaster. Dies gilt besonders für Wladimir Putin. Der neue Herr im Kreml gibt gegenwärtig eine denkbar schlechte Figur ab. Bei der Wahl im Frühjahr war er als Hoffnungsträger angetreten, als jugendlicher Draufgänger, der dem Land Größe und Würde zurückgibt. Jetzt, in der Stunde der Bewährung, sehen die Russen ein anderes Gesicht an der Staatsspitze: Der Mann, der an Silvester großspurig im Kampfjet nach Grosny flog, konnte sich diesmal nicht einmal dazu durchringen, rechtzeitig seinen Urlaub abzubrechen. Der Präsident ist entzaubert, das Vertrauen in den Neuanfang erschüttert.
Der Tagesspiegel aus Berlin kommentiert: Bald werde Moskau wieder auf allen Weltmeeren Präsenz zeigen, hatte Wladimir Putin der demoralisierten Marine versprochen. Und nun stellt sich heraus, dass Russland nicht einmal mehr Tieftaucher ausbildet, dass die „Kursk“ aus Geldmangel ohne die Akkumulatoren hinausfuhr, die der Besatzung von U-Booten bei einem Ausfall des Reaktors das Überleben unter Wasser ermöglichen sollen – und dass die Mittel schon längst nicht mehr für Übungen ausreichen, die die Risiken bei solchen Havarien mindern. Mehrere Jahrzehnte lang fürchtete der Westen die militärische Stärke der Sowjetunion. Heute muss er die Schwäche Moskaus fürchten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen