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die anderen

Le Monde aus Paris meint zur anhaltenden Gewalt russischer Truppen in Tschetschenien: Wladimir Putins Krieg in Tschetschenien verursacht mehr Tote und bringt mehr Zerstörung als der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Die russische Armee verübt dort seit Jahren Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit, die schwerwiegender sind als die von Slobodan Milošević auf dem Balkan. Doch welcher westliche Politiker käme auf die Idee, Putin wie den jugoslawischen Expräsidenten zu behandeln?

Libération kommentiert die „Reiseaffäre“ um Staatspräsident Jacques Chirac: Der Präsident ist nicht der Einzige, der eine gerichtliche Untersuchung durchstehen muss. Auch andere haben sich selbst, Familienmitglieder und Berater gut bedient. Gewiss wäre es besser gewesen, wenn die Untersuchungsrichter mit dem Oberhaupt der Familie – Chirac – angefangen hätten. Man kann sich jedoch nicht hinter der „Gewaltenteilung“ verstecken, um eine Aussage zu verweigern, und sich wundern, dass die Justiz trotzdem ihre Arbeit macht.

La Repubblica aus Rom meint zum selben Thema: An den Ufern der Seine ist ein beispielloser Konflikt zwischen Justiz und Politik ausgebrochen. Vor allem scheint ziemlich offenkundig, dass die französischen Juristen unerschrocken ihre Aktion fortsetzen. In den vergangenen Tagen haben sie sogar das Präsidentenamt der Republik gestürmt. Und ungeachtet des erbitterten Widerstands der Belagerten, die sich auf umstrittene Weise hinter Verfassungsprinzipien verschanzen, scheinen sie den Zangengriff nicht lockern zu wollen.

Über die Kandidatur Pekings als Austragungsort der Olympischen Spiele 2008 schreibt das Algemeen Dagblad aus den Haag: Nach 25 Jahren Reformen und wirtschaftlichem Wachstum hat sich China noch längst keine ausreichende Note verdient, aber die Situation ist nicht mehr so katastrophal wie zu Zeiten der selbst gewählten Isolierung. Die Außenwelt kann diesen internen Prozess am besten durch Investitionen und einen wachsenden Strom von Kontakten fördern. Die Spiele sind dazu hervorragend geeignet.

The Daily Telegraph aus London meint dagegen: Das Ergebnis der Abstimmung des IOC wird die politischen Präferenzen des Komitees widerspiegeln. Paris und Toronto gehören zu demokratischen Staaten. Peking hingegen ist der Sitz einer Regierung, deren Menschenrechtspolitik sich ungeachtet einer Liberalisierung seit dem Tode Maos verschlechtert hat. Die olympische Charta spricht vom „Respekt für grundlegende ethische Prinzipien“. Wenn man diesen Maßstab anlegt, dann verdient Peking die Spiele nicht.

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