die anderen:
Der Observer, liberale Wochenzeitung aus London, kommentiert die Kriegsstrategie gegen Afghanistan: Die Regierungen der USA und Großbritanniens verdienen unsere Unterstützung. Nach dem Mord an mehr als 6.000 unschuldigen Menschen in New York und Washington war es unmöglich, nichts zu tun. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, Fragen nach der Wirksamkeit der US-britischen Strategie zu stellen. Nach der Erreichung seines militärischen Ziels muss der Westen die humanitäre Hilfe steigern. Unschuldige Menschen dürfen nicht verhungern. Es darf nicht bei einer Politik der Gesten bleiben. Wir unterstützen die erste Runde der Bombardierungen. Aber wenn dies ein langer Konflikt wird, muss der Westen den Wortkrieg und den Krieg am Boden gewinnen. Mit zu viel Konzentration auf den Krieg aus der Luft könnten beide Ziele gefährdet werden.
Demgegenüber fordert die Sunday Times, gleichfalls aus London, unumstößliche Zuversicht: Trotz einer Woche der Luftangriffe auf Afghanistan ist der Verlauf dieses Krieges schwer vorauszusagen. Wie lange werden die Bombardierungen noch dauern? Werden Bodentruppen der Verbündeten nach Afghanistan entsandt? Im Krieg gibt es immer Unsicherheiten. Deshalb brauchen wir die einfachste aller Waffen: unumstößliche Entschlossenheit. Mit der Aussicht auf eine lange Auseinandersetzung wird die Notwendigkeit größer, die Schlacht um die öffentliche Meinung zu gewinnen. Diejenigen, die an dem Sieg zweifeln, reden der Isolation das Wort. Dieser Krieg kann gewonnen werden.
Die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera kritisiert die Vergabe des Friedensnobelpreises: Man kann verstehen, dass es nicht einfach ist, mitten in einem Krieg einen Friedensnobelpreis zu vergeben, aber die Wahl des Komitees in Oslo ähnelt zu sehr einer Flucht vor der Wirklichkeit. Die Vereinten Nationen und deren Sekretär Kofi Annan hätten den begehrten Preis für ihre Arbeit „für eine friedlichere Welt“ verdient. Uns scheint jedoch, dass diese alles andere denn friedliche Welt das kostbare Gut der Erinnerung beseitigt hat. War es vielleicht nicht eine UN-„Schutzzone“, wo 1995 in Srebrenica serbische Milizen tausende wehrlose Zivilisten massakriert haben? Leider ist das nicht alles: Es war der Abzug der UN-Truppen, der 1994 in Ruanda die Vernichtung der Tutsi erleichtert hat. Es fällt uns schwer, die Zuerkennung des 100. Nobelpreises an jemanden zu verstehen, der einen Keller voller Leichen zu verwalten hat.“
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