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die anderen

Die italienische Zeitung Corriere della Sera kommentiert die Kaschmirkrise: Das Problem, das sich für jede Diplomatie der Entspannung stellt, ist die Schwierigkeit, sowohl für den indischen Premier Vajpayee als auch für den pakistanischen Präsidenten Muscharraf eine Demütigung zu vermeiden. Muscharraf, der die Operationen muslimischer Terroristen verurteilt, wird bereits nach dem Afghanistan-Konflikt als Verräter des Islam angegriffen. Vajpayee fürchtet dagegen den nationalistischen Vorwurf der Schwäche bei der Verteidigung der Unantastbarkeit dieses verletzlichen nationalen Mosaiks, das sich Indische Union nennt, das aus 845 Sprachen und Dialekten besteht, bei dem es also nicht nur um Kaschmir geht, sondern auch um das Aufkeimen wachsender Forderungen von Assam bis Andhra Pradesch.

Die französische Tageszeitung La Croix schreibt zum selben Thema: Kaschmir war bereits Auslöser für zwei der drei Kriege zwischen Indien und Pakistan seit der Spaltung 1947, als das Imperium Indien in ein muslimisches Pakistan und eine multireligiöse indische Union geteilt wurde. Pakistan fordert die totale Kontrolle Kaschmirs, wegen der muslimischen Bevölkerung dort, Indien fordert es aufgrund seines „Pluralismus“. In Wahrheit hat Kaschmir den Machthabern auf beiden Seiten oft dazu gedient, von ihren Schwierigkeiten abzulenken. Angesichts eines drohenden Atomkrieges zwischen beiden Nuklearmächten nehmen die internationalen Vermittlungsbemühungen zu. Diese sind mehr denn je nötig, um den Völkern, die schon durch Armut und ethnischen Hass geplagt sind, einen absurden Krieg zu ersparen.

Der britische Guardian kommentiert die Rolle der Atomwaffen in dem Konflikt: Die atomare Option ist in den vergangenen Tagen etwas weniger wahrscheinlich geworden. Warnende Aufrufe Großbritanniens, der USA und anderer Länder an ihre Staatsbürger, die Region zu verlassen, mögen notwendige Vorsichtsmaßnahmen gewesen sein. Sie haben zudem die Situation dramatisiert, indem sie eine eine begrenzte Panik ausgelöst haben – in der Hoffnung, Neu-Delhi und Islamabad so die spezielle Natur von Atomwaffen in Erinnerung zu rufen. Diese Bombe ist in der Tat sehr speziell. Und das ist der Grund, warum die fünf Atommächte – Großbritannien eingeschlossen – Indien und Pakistan nicht nur vor den Schrecken (eines Atomkrieges) warnen, sondern damit beginnen sollten, das Versprechen zu erfüllen, das sie 1995 gegeben haben: die völlige atomare Entwaffnung.

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