die anderen über den un-abhörskandal und dessen bedeutung für die legitimität des irakkrieges :
Die Wiener Tageszeitung Kurier fordert nach den Enthüllungen um die mutmaßliche Bespitzelung von UN-Generalsekretär Kofi Anan verbindliche Beschränkungen für Geheimdienste: Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob es fürs Spionieren legistische Rahmenbedingungen geben soll, also rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen. Antwort: Ja, unbedingt. Sie existieren auch, aber nur auf dem Papier. Rückblende: Im Jahr 1961 wurde die „Wiener Konvention für Diplomatische Beziehungen“ unterzeichnet, die bestimmte Grundsätze festlegt. Geschert hat sich darum kaum jemand. Hier beginnt es aber, gefährlich zu werden. Denn erachtet man die Geheimdienste als komplett über jedem Gesetz stehend, können sie sich sehr schnell verselbstständigen. Der Primat der Politik droht verloren zu gehen.
Der Tages-Anzeiger aus Zürich meint zum gleichen Thema: Kein Wunder, dass Annan unwirsch auf die Nachrichten reagiert hat. Seine Glaubwürdigkeit und die Gesprächsbereitschaft seiner Gesprächspartner hängen an der Diskretion, die er garantieren kann. Sein Handlungsspielraum wird vom Pulk der Lauscher und ihrer Apparaturen eingeengt. Seine Autorität als Mittler und als diplomatischer Spielleiter der Weltbühne wird schon vom bloßen Verdacht einer Bespitzelung untergraben. Auch viele Briten sehen ihre Regierung in dieser Frage auf moralisch abschüssigem Gelände. Das Bespitzeln eines UNO-Generalsekretärs ist eben noch von anderer Qualität als gegenseitige Lauschangriffe argwöhnischer Regierungen. Der britische Premierminister Blair aber, der zu den Anschuldigungen schweigt, findet sich nicht nur in eine peinliche Affäre verwickelt, sondern muss zugleich fürchten, dass das Misstrauen gegen ihn weiter wachsen wird. Die Geister, die er mit seiner Irakpolitik weckte, wollen sich partout nicht verflüchtigen.
Die französische Tageszeitung Libération kommentiert: Am erstaunlichsten an dieser britischen Abhöraffäre um UN-Generalsekretär Kofi Annan ist die Tatsache, dass man sich darüber ereifert, auch wenn wir mit dieser Ansicht vielleicht schockieren könnten. Es scheint, als wären die westlichen Geheimdienste mehr damit beschäftigt gewesen, die UN auf die amerikanisch-britische „Linie“ gegen den Irak zu bringen, als den Krieg gegen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu führen. Verständlich, dass das Vertrauen in den britischen Premier Tony Blair und den amerikanischen Präsidenten George Bush schwindet, was wiederum diese vermehrten Indiskretionen in London erklärt.