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Archiv-Artikel

dgb auf neuen wegen Dieter Scholz hat Recht, aber …

Dieter Scholz ist für weitere vier Jahre gewählt. Das ist eine gute Nachricht. Der Chef des DGB Berlin-Brandenburg ist nämlich keiner von den Gewerkschaftern, die sich vor der Wirklichkeit verstecken, sondern einer, der sie als Herausforderung versteht. So haben Scholz und seine Mitarbeiter in der Vergangenheit eine bemerkenswerte Haltung zur EU-Osterweiterung entwickelt. Nicht mehr um Abschottung ging es da, sondern darum, auszuloten, wo neue Bündnisse möglich sind, auch über die Landesgrenzen hinweg. Manche mögen das als Pragmatismus und Kapitulation vor dem Neoliberalismus beschimpfen. Aber wo, bitte schön, ist die Alternative?

Kommentar von UWE RADA

Nun also versuchen sich Dieter Scholz und der DGB an einer neuen Strategie gegenüber den prekär Beschäftigten in der Region. Wie nötig das ist, zeigt nicht nur die dramatische Abnahme der so genannten Normalarbeitsverhältnisse. Wenn nur noch 40 Prozent in einem so genannten Normalarbeitsverhältnis stecken, heißt das zugespitzt auch, dass die Gewerkschaften nur noch 40 Prozent der Beschäftigten vertreten. Ganz abgesehen von denen, die gar keine Beschäftigung haben oder eine solche, die nicht in den Statistiken auftaucht.

Nötig ist ein solcher Politikwechsel aber auch für die Gewerkschaften selbst. So mancher Tarifkonflikt der Vergangenheit hat gezeigt, dass der einen oder anderen Gewerkschaft der Blick auf die Realität zugunsten bloßer Besitzstandswahrung verloren gegangen ist. Mehr Offenheit ist demnach dringend geboten – nach innen wie nach außen.

Genau darin aber liegt auch das Problem des gestern verkündeten Richtungswechsels. Als Dachorganisation kann der DGB viel fordern und manchmal auch unbequeme Wahrheiten formulieren. Umsetzen müssen die neuen Strategien aber die Einzelgewerkschaften. Und da hat es, von einigen rühmlichen Ausnahmen wie der Lidl-Kampagne abgesehen, bislang wenig in dieser Richtung gegeben.

Das aber sollte den DGB nicht daran hindern, die neue Strategie offensiv zu vertreten. Und dabei auch den ein oder anderen Konflikt in den eigenen Reihen loszutreten.