der zweite tag :
Drei Dinge bestimmten den Donnerstag, diesen zweiten Tag der Berlinale: Optimismus, Appelle und noch mal Optimismus. Zum Beispiel die Jury: „Ich habe absolut keine Erwartungen“, erklärte Präsidentin Tilda Swinton, fügte aber gleich hinzu: „Ich glaube, das sind die besten Voraussetzungen.“ Ihr Kollege Christoph Schlingensief glaubte ebenfalls: „Ich glaube, wir sind ein gutes Team, wir haben uns zwar erst kennengelernt. Wir haben noch nicht eine Nacht durchgesoffen, aber das wird sicher noch kommen.“
Damit wird Schlingensief ganz sicher eher Wayne Wang, Isabel Coixet, Gaston Kaboré, Henning Mankell und seine anderen Jury-Kollegen und -Kolleginnen gemeint haben – und nicht Tilda Swinton. Die spielte ja immerhin schon 1986 in der Rolle der Sally in seinem auf einer Hallig in der Nordsee gedrehten Liebesdrama „Egomania – Insel ohne Hoffnung“ mit, an der Seite von Udo Kier (in der Rolle des Baron Tante Teufel). Damals sollen Swinton und Schlingensief sogar ein Paar gewesen sein. Beim Fototermin auf dem roten Teppich im Center des japanischen Elektronikriesen am Potsdamer Platz schienen sie auch jetzt wieder viel Spaß miteinander zu haben. Siehe Bild.
Natürlich sind sich die Damen und Herren, die in diesem Jahr über die Bären-Vergabe im Wettbewerb entscheiden, aber auch der Ernsthaftigkeit ihrer Aufgabe bewusst, und deswegen fühlen sie sich gehalten, zu appellieren. Die Menschen sollten ihre Blicke nicht nur auf Leinwände und rote Teppiche richten, sondern auch auf die Krisenherde der Welt, forderten sie unisono. Tilda Swinton sprach über den Gazakonflikt, Schlingensief bekräftigte seinen Glauben in die umfassend aufklärerische Kraft des Mediums Film, und Henning Mankell erinnerte an die „Ärmsten der Armen“ in Mosambik: „Ich klage die Massenmedien der westlichen Welt an, schrecklich falsch über Afrika zu berichten“, sagte der Bestseller-Autor.
Optimistischer dann wieder die Verlautbarungen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der die Berlinale in diesem Jahr mit einer Summe von 6,5 Millionen Euro aus seinem Haushalt fördert: Er freute sich öffentlich über die Rekordbeteiligung deutscher Filme und Koproduktionen bei dieser Berlinale, sprach von anhaltendem Erfolgskurs, Boom, Oscar-Nominierungen und nachhaltiger Stärkung der hiesigen Filmwirtschaft. Sein Resümee: „Immer mehr deutsche Themen, Schauspieler und Autoren werden international immer stärker beachtet.“ Immer mehr, immer stärker, immer deutscher – und wie soll es weitergehen?