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Archiv-Artikel

der wochenendkrimi Steinschlag

„Tatort: Tiefer Fall“, So. 20.15 Uhr, ARD

Große Worte macht hier niemand. Die Männer, die in einem Steinbruch bei Leipzig malochen, sprechen, wie sie arbeiten: schnell, präzise und jedes Risiko vermeidend. Das zerklüftete Gelände ist für sie nicht nur Arbeits-, sondern auch Lebenswelt. So war es schon immer, bereits die Väter und Großväter schlugen den Stein. Der Steinbruch, dieser Unort aus Fels und Staub – für die Arbeiter ist er heilig. Als das Unternehmen Pleite zu gehen droht, stellen sie sich hinter ihren Chef und nehmen Hypotheken auf ihre Häuser auf.

Doch die Solidarität wird auf eine harte Probe gestellt, als der Sohn von Sprengmeister Beck (Martin Feifel) unweit des Geländes ermordet aufgefunden wird. Der Täter kann nur einer der Kumpels sein. Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) stellt die Untersuchungen vor eine schwierige Frage: Wie ermittelt man in einem Milieu, in dem keiner vom anderen abzurücken bereit ist – wie durchbricht man die Felswand aus Schweigen?

Autor Pim Richter hat einige schöne staubtrockene Dialoge entwickelt; Regisseur Thomas Freundner, der unlängst für seinen sensationellen HR-Tatort „Herzversagen“ den Grimme-Preis erhielt, verzahnt schlüssig die Arbeitsweltbesichtigung mit der Familientragödie und verzichtet dabei auf inszenatorisches Bohai. „Tiefer Fall“ führt in einen Kosmos, in dem der eherne proletarische Verhaltenskodex von neoliberalen Tendenzen ausgehebelt wird. Dass man dabei den Tonfall der Sozialreportage gewählt hat, kommt dem MDR-Krimi entgegen. Altmodisch, aber effizient: Man wünscht sich, der Tatort aus Leipzig wäre häufiger so konsequent gefilmt. CHRISTIAN BUSS