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Archiv-Artikel

der neunte tag

Wohin lässt sie sich wohl nach der Premiere chauffieren? Diese Frage schien am Mittwochabend ganz Berlin zu beschäftigen – vor allem natürlich die zahllosen Szenegastronomen der Stadt, die insgeheim darauf spekulierten, der Glamour der großen Popdiva möge auch auf ihr Etablissement abstrahlen: Madonna feierte nach der Premiere ihres Regiedebüts „Filth and Wisdom“ („Schmutz und Weisheit“) dann im Osten der Stadt, im passenderweise selten sauberen Kaffee Burger auf der Torstraße, unter anderem bekannt als Hang-out von Wladimir Kaminer und seiner Russendisko-Clique. Natürlich hatte Exilukrainer Eugene Hütz von Gogol Bordello, Hauptdarsteller des Madonna-Films, die Visite eingefädelt – ein bisschen Lokalpatriotismus muss eben sein. Bis halb drei früh soll Madonna in dem absolut unstylischen Laden ausgehalten haben. Danach ging’s zurück ins Regent Hotel. Hach, was für ein toll aufregendes Spagatleben Madonna Louise Ciccone doch führt! Eben noch authentisches DDR-Dissidenten- und Bohème-Flair geschnuppert, jetzt schon wieder abgerauscht und schön arriviert den Absacker an der Luxusbar geordert! So macht es die Popqueen natürlich schon ihre liebe lange Popkarriere lang. Und so hält in Berlin heute eben wieder so etwas wie Normalität und Ernüchterung Einzug.

Selbstverständlich gibt es auch Ernsthafteres zu vermelden: Der Ehrenbär der Berlinale geht an den 85-jährigen Francesco Rosi, den italienischen Regie-Altmeister, dem die Berlinale ihre diesjährige Hommage widmet. „Rosis Filme über die Mafia sind stets Filme über Mafiastrukturen; das Konkurrieren um Aufmerksamkeit durch Gewaltszenen ist ihnen fremd“, schrieb Barbara Schweizerhof vor einigen Tagen an dieser Stelle.

Mit der Berlinale-Kamera wurde indes am Mittwochabend Karlheinz Böhm, bekannt nicht zuletzt als Kompagnon von Romy Schneider in den „Sissi“-Filmen, ausgezeichnet. Die Ehrung erhalte Böhm für sein Wirken im deutschen Film und für sein wohltätiges Engagement als Gründer von „Menschen für Menschen“, hieß es. Grund zur Freude für den 79-jährigen Österreicher – nach der Schockmeldung, dass in der Verfilmung von Romy Schneiders Leben bald Yvonne Catterfeld die Hauptrolle übernehmen wird.

Und zum Schluss: Das längste Dokumentationsprojekt der Filmgeschichte geht zu Ende. Die beiden letzten Teile von „Die Kinder von Golzow“, das seit 1961 die Lebensgeschichten von 18 Dorfbewohnern im ostbrandenburgischen Golzow dokumentiert, wurden von den Regisseuren Winfried und Barbara Junge gestern auf der Berlinale vorgestellt.